42. Ueber des Heilands Treue 1725. O Liebe, die in fremde Noth Sich selbst hinein gestürzt, Und die damit dem ewgen Tod Den Stachel abgekürzt. Wir sehen Deine Herrlichkeit Im Thal der Demuth blühn, Und uns durch Dein empfindlich Leid Aus allem Leiden ziehn. Daß Du nun unser Bürge bist, Das heißt man wohl gethan, Und nimt den Menschen Jesum Christ Zum Sünden-Tilger an. Allein, wie wenig wird man sehn, Die zu bereden seyn, Daß niemand kan ins Leben gehn, Als durch die Creutzes-Pein. So gib dann Deinem Wort vom Creutz In denen Seelen Kraft, Daß es dieselben allerseits Mit hin zum Creutze rafft. Denn das ist einmal ganz gewiß, Du bist zu gleicher Zeit Ein Gegen-Gift fürs Todes Biß, Und unsre Heiligkeit. Drum, der Du angekommen bist, In Knechts-Gestalt zu gehn, Des Weise nie gewesen ist, Sich selber zu erhöhn: Komm! winke unsrer stolzen Art Ins edle Nichts hinein, Darinn sich erstlich offenbart, Daß wir Gott Etwas seyn. Der Du noch in der letzten Nacht, Eh Dich der Feind gefaßt, Den Deinen von der Liebe Macht So schön gepredigt hast: Erinnre Deine kleine Schaar, Die sich so leichte zweyt, Was Deine letzte Sorge war: Der Glieder Einigkeit. Du opferst Deine Jünger noch Dem Vater im Gebet. O! würden unsre Sinnen doch Oft im Gebet erhöht. Der Du um unsre Seligkeit Mit blut'gem Schweisse rangst, Und durch der Thränen bangen Streit Des Grimmes Macht verdrangst: Erschüttre doch den trägen Sinn, Der nichts von Arbeit weiß, Und reiß ihn aus der Faulheit hin Zu Deinem Kampf und Schweiß. Der Du dich deines Vaters Zorn Zum Pfande eingethan, Nim uns, aus Deinem Geist geborn, Zum Gegen-Pfande an. War zu der Herrlichkeit die Schmach Dein ordentlicher Weg; So geht Dir Deine Heerde nach Auch über diesen Steg. Und da Dich Deine Niedrigkeit An Pfähle binden kan; So hefte unsre Eigenheit An Deinen Creutz-Pfahl an. Gecreutzigter, den Seine Lieb Bis in den Tod geführt, Ach! würd' auch unser Liebes-Trieb Zum Tode treu verspürt. Drum leit' auf Deiner Leidens-Bahn Uns selber bey der Hand, Weil dort nur mit regieren kan, Wer hier mit überwand.