46. Auf seiner Gemahlin 25sten Jahrs-Tag 1 1725. Geht! werft euch vor die Majestät Des Königes der Liebe, Die euch bereits entgegen geht, Ihr, meiner Seelen Triebe; Sie, die kein Auge sehen kan, Blikt mit des Glaubens Augen an! Du bist, o Seelen-Bräutigam! Ein allgemeines Wesen: Wer krank auf Erden zu Dir kam, Den liessest Du genesen. Ich habe Dich auch angerührt, Und Deine Wunder-Kraft gespürt. Ich bins versichert, daß Du mich Zu Deinem Volk gezehlet; Mit Deinem Herzen ewiglich Verbunden und vermählet; Und wenn Du bey dem Vater stehst, Auch mit für meine Seele flehst. Ich mache mich im Geist bereit, Beym Tone stiller Lieder, Und werfe Deiner Würdigkeit Mich vor die Füsse nieder. Komm Priester aus dem innern Chor, Und bete meiner Seele vor. Gib, daß ich spreche, was Dein Mund Dem Vater sagen wolte, Wenn Er Ihn an den Liebes-Bund Mit mir erinnern solte. Auf! weil der Geist itzt Abba sprach; So lall' Ihm auch das andre nach. Mein Abba! Deine Gnaden-Wahl An mir zu offenbaren, Hast Du mich in das Jammerthal, Vor fünf und zwanzig Jahren, Durch eine, Dir gemässe, Macht, Aus Mutterleib hervorgebracht. Die Welt bekam ich ins Gesicht, Sie hat mir wohl gefallen; Beynahe hätt ich Lust gekrigt, Mit ihr dahin zu wallen. Die Lust macht immer sündiger, Du weißst es, Herzens-Kündiger. Die größte Ungelegenheit Der Nachfolg unsers Lammes, Die angeborne Herrlichkeit, Des weltlich hohen Stammes, Die noch so manches Herz verstokt, Die hatte mich auch angelokt. Bey dieser steten Demmerung, Wo Tag und Nacht vorhanden, Und weder Finsternis genung, Noch wahres Licht entstanden, Verfehlt die halbe Christenheit Des Weges zu der Seligkeit. Da wird man ehrbar und gerecht; Da fürchtet man die Hölle, Und ist sein Lebenlang ein Knecht, Und kommt nicht von der Stelle. Denn, daß man Sündigens vergißt, Macht, daß die Sünde schändlich ist. Das Herz nimt Christi Sinn nicht an, Die Leidenschaften leben, Und müssen sich nur dann und wann In den Gehorsam geben; Wenn, daß er seinen Zwek erreicht, Ein Satanas dem andern weicht. Von einer solchen Sclaverey Ward ich in diesen Stunden, Durch meines Königs Liebe frey: Ich hab Ihn heute funden; So, daß ich diesen lieben Tag Für mein Geburts-Fest rechnen mag. Hier ist das sehr geringe Herz, Das Jesu Herz gebrochen; Als Ers, durch unverdienten Schmerz, An Höll und Tod gerochen. So komm und blase Deine Flamm Im Herzen auf, komm Bräutigam! Dank, Ehrerbietung, Schuldigkeit Kan man zuwege bringen; Allein die Liebs-Ergebenheit, Die kan kein Mensch erzwingen. Man schenket einem Hof und Haus, Und wird doch keine Liebe draus. Die Sorge vor der Höllen-Pein; Kan nicht zur Liebe treiben; Auch wird des Himmels Sonnen-Schein Hier ohne Wirkung bleiben. Die Liebe, die sich übergiebt, Braucht nicht zu sehn, warum sie liebt Man liebet, was man nie gesehn: Man hats kaum hören nennen, Wohin noch keine Sinnen gehn, Da kan das Herz nach brennen. In dieser Art, aus solchem Trieb Hat meine Seele Jesum lieb. Mein Salomo! vermähle Dich Mit meinen innern Sinnen: Beherrsche mehr, als königlich, Mein sämtliches Beginnen; So bin ich Dir noch mehr vereint, Wann heute wiederum erscheint. Indessen soll auf Deinen Ruf, Mein Herz Dir willig dienen: Und Deiner Gnade zum Behuf, Soll auch die Hütte grünen. Es wisse, wer es wissen kan, Ich bin der Lieb ihr Unterthan. Der an dem Creutz geschändet ward: Den itzt Sein Volk verleugnet, Und der nach Seines Reiches Art, Mit Schmach die Seinen zeichnet, Ist mein und meines Mannes Haupt, An welchen unsre Seele glaubt. Da, wo Er Seine Helden-Zunft, Durch Höll und Tod geführet, Da sey der Wille der Vernunft, Auf ewig, angeschnüret. Weg Erde, weg Natur und Stand! Wir haben sonst ein Vaterland. Fußnoten 1 Gedrukt zu Dresden.