111. Auf seiner Gemahlin 32sten Geburts-Tag 1732. Wenn man glauben solte, Daß die klugen Dichter, Unsers Kampfes Splitter-Richter, Christi Creutz-Erkentnis Uebersehen könten, Und sich billig weise nennten; Müßte man Wol den Plan Ihrer Kunst und Gaben Nicht gesehen haben. Ehmals sprach ein Heide Von den Glaubens-Sachen: Werdet ihr dann meiner lachen, Wenn mit diesem Leben Euer Geist verschwunden, Wie ihr Weisen ausgefunden? Hat mein Satz Aber Platz, Wie wird euer Wagen Meinen Spott ertragen? Christen möchten weinen, Sterbliche zu kennen, Die sich Christen-Menschen nennen, Die vor Christi Wahrheit, Und dem Wort der Zeugen Sich mit Ehrerbietung neigen; Fragt man nun, Was zu thun? Wissen sie die Lehren Alle zu verkehren. Mit Privat-Personen, Die im äussern Leben Sich die Freyheit wolten geben; So zusammen hängen, Allen Laut verlassen, Und dergleichen Schlüsse fassen: Nein heißt Ja! Hier und da Würden alle Knaben Ihr Gespötte haben. Würden unter Menschen, Die zusammen wandeln, Und in einer Sprache handeln, Hundert tausend einig, Wenn sie reden solten Daß sies anders deuten wolten; Möchten sie Sich der Müh Ihren Sinn zu sagen, Nur zugleich entschlagen. Aber, daß die Seelen Eine Schrift verdrehen Eines, dem sie zugestehen, Daß Er sie vom Fluche Mit sich selbst erkaufet, Wahrheit, drauf man alles taufet: Das kömt mir Rasend für. Vor dergleichen Christen Lob ich noch Deisten. Weg mit diesen Bildern, So die Seelen quälen, Die sich unsern Herrn erwehlen! Auf die grosse Frage: Wo ist zum Exempel, Auf der Welt ein Geistes-Tempel? Zeig' ich dich Männiglich, Bild der wahren Ehe, Theure Dorothee. Innigst-liebe Liebe! Dein durchdringend Auge Sieht, wie viel ein Herze tauge. Du hast unser Bündnis Zehn Jahr angeblikket, Und ermahnet und erquikket; Billig ruht Unser Muth, Nach den Prüfungs-Stunden Nun in Deinen Wunden. Drum so komm und leuchte Mit dem Gnaden-Strahle Unserm Lob- und Liebes-Mahle; Kinder mögen fordern Was sie nöthig haben; Du gibst lauter gute Gaben. Schwester auf! Hilf mir drauf, Ich weiß für uns beide, Nichts als Ihn zur Freude. Für die Creutz-Gemeine, Dran wir vester kleben, Als an unserm eignen Leben, Bitten wir den Fortgang, Unverlöschter Zunder Deiner Lichterlohen Wunder! Zünde an, Laß die Bahn Dieser zwo Gemeinen Ihre Gluht vereinen!