92. Herr Astmanns Geburtstags-Wunsch, als der Autor das dreißigste Jahr erlebet, samt der Parodie 1730. Theurer Graf! die Bruder-Liebe Reget in uns zarte Triebe. Freude quillt aus unsrer Brust In der Herrenhuter Lust, In die Lust, die viele Brüder, Und viel Schwestern unsre Glieder, An dem Tage sich gemacht, Da dich Gott ans Licht gebracht, Dessen Denkmaal sie verneuert, Und mit Lob in GOTT gefeyert. Treue Liebe wünscht, ihr Leben Für den Bruder hin zu geben, Wünschet, daß ihm jeder Tag Lauter Jahre werden mag. Ihr ist viel daran gelegen, Daß ein Bruder langen Segen, Der durch viele Jahre dringt, Auf das arme Zion bringt; Weil ihr manches Heil verdorben, Wenn ein Held zu früh verstorben. Zion ist ganz angst und bange, Daß die Bösen allzu lange, Ihm zum Hohn, im Wege stehn Und mit grauen Haaren gehn. Zion wünschet seinen Schaaren Knechte, mit viel hundert Jahren, Daß es nicht bey dunkelm Schein, Fast verlassen müsse seyn. Zion braucht zu seinen Streiten, Muntrer Streiter lange Zeiten. Zions Kinder! könnt ihr beten, Und im Geist zusammen treten; Ach! vergeßt einander nicht, Jeder braucht des andern Licht. Schliesset euch fein vest zusammen, Nehrt einander eure Flammen, Gießt in eure Lampen Oel, Pflegt einander Leib und Seel, Hegt zusammen euer Feuer: Jedes Leben ist sehr theuer. Seufzet für der Brüder Leben: Beten kan auch Jahre geben. Wünscht euch jeden Augenblik Nur um Zions willen Glük, Freut euch, hüpfet, wenn ihr höret, Daß der Brüder Jahr' vermehret, Daß Gott denen, die ihr liebt, Wieder eins zum besten giebt. Feyert für einander Feste: Bruder-Liebe thut das Beste. Herrenhut singt Freuden-Lieder, Und ermuntert andre Glieder, Mit im Lobe eins zu seyn: Ja, wir stimmen auch mit ein. Uns ist auch daran gelegen: Unser ist auch euer Segen, Der von euerm Grafen fließt, Dessen Liebe ihr genießt. Sein Geburts-Tag muß uns allen, Wegen Zions, wohl gefallen. Theurer Graf, und lieber Bruder! Nim mit neuer Kraft dein Ruder, Welches du mit leichter Last, Und mit Lust, in Händen hast. Dieses Jahr bringt neue Kräfte Neuen Durchbruch und Geschäfte. Rudre unter Sturm und Wind, Die in deinem Schiflein sind, Als ein früh berufner Streiter, Mit den Jahren immer weiter. Ach! wir sehen zu von ferne, Und vernehmen gar zu gerne, Daß, wer unterm Creutze steht, Bey dir, mit dir munter geht. Dein Geburts-Tag stärkt das Hoffen, Daß die Thür noch weiter offen Durch dein Ringen werden soll, Denn dein Maaß ist noch nicht voll. Wirke nur getrost im Lichte Noch in Zion edle Früchte. Christi Schmach sey deine Sonne, Jedes Tages neue Wonne, Jedes Jahres neuer Lohn, Und dein steter Sieges-Ton. Erndte Freude aus dem Weinen, Daß die Garben voll erscheinen, Freue dich in deinem Gott Unter Babels Hohn und Spott. Zürnen auch der Mutter Kinder, Bleibst du doch ein Ueberwinder. Engel! der das Räuchwerk nimmet, Off. 8, 3. sq. Das aus unserm Beten glimmet, Dessen Hand zu Gott es bringt, Wenn der Rauch hinaufwerts dringt: Nim, und trage die Bewegung, Diese heiße Seufzer-Regung, Mit vermehrter Altars -Gluht, Von Berlin nach Herrenhut, So kömt unsre Zahl der Väter Auch mit ihrem Wunsch nicht später. Theure Brüder! eure Liebe Zündet meine lauen Triebe, Und erwekt in meiner Brust Eine ungewohnte Lust. Die Gemeinschaft Märkscher Brüder, Und der Schwestern, welche Glieder Der wahrhaften Zions-Macht, Die dem Herrn ihr Herz gebracht, Durch diß Blätgen zu erneuern, Und ihr Creutz-Fest mit zu feyern. Was ist nutz an meinem Leben? Was hat mir der Herr gegeben, Das nicht einen jeden Tag Andren Brüdern werden mag? Wem ist mehr daran gelegen, Als dem Jesu, der den Segen, Der die Ewigkeit durchdringt, Selber auf Sein Zion bringt? Wann ist Ihm ein Werk verdorben, Wann ein Knecht zu früh gestorben? Dem Propheten ward wol bange, Daß er selber allzu lange Solte unter Mesech stehn, Und in Kedars Zelten gehn: Aber ach! die armen Schaaren, Deren Narrn von hundert Jahren, Brauchen wol vom Gnaden-Schein Länger angeblikt zu seyn. Jesus braucht zu Seinem Streiten Kleine Kraft: zwölf Stunden Zeiten. Wird für jemands Kraft gebeten, Und dem Herrn ans Herz getreten: So stirbt der gewißlich nicht, Sondern stärkt sein Lebens-Licht. Denn, wo zwey und drey zusammen Tragen ihrer Wünsche Flammen: Rührt das süsse Fürbitt-Oel Gottes Geist, und Leib und Seel; Hohlet neue Gluht zum Feuer, Und macht unsre Tage theuer. Aber, ob der Brüder Leben Fortgang oder Ziel zu geben, Zeigt des Geistes Wunder-Blik Uns zu einem grossen Glük; Wen er treibt, der wird erhöret. Aber, wer die Jahre mehret Länger, als es Gott beliebt, Und ihm Gott die Bitte giebt, Lerne an Hiskias Feste, Ob die eigne Wahl die beste? Herrnhut! höre doch die Lieder Deiner auserwehlten Glieder, Die Berkinscher 1 Richtung seyn, Stimm in ihr Getöne ein! Und ist an Berlin gelegen: Unser ist auch euer Segen, Der von euren Brüdern fließt, Und von Astmann, der uns grüßt; Sein Genesen 2 wird uns allen, Wegen Zions, wohl gefallen. Astmann, du geliebter Bruder! Nim mit neuer Kraft dein Ruder, Welches du, als Christi Last, Willig angefasset hast. Auf! erfrische deine Kräfte, Treibe deines Herrn Geschäfte: Nord-Wind und der Mittags-Wind, (Die der Schiffer Pferde sind, Schwängern Gärten, härten Streiter,) Fördern deine Triebe weiter. Ach! wir sehen es von ferne, Und vernehmens herzlich gerne, Daß, wo Speners 3 Grund-Stein steht, Christi Creutz-Panier noch weht. Dieses stärket unser Hoffen, Daß noch manche Thüre offen, Daß es besser werden soll, Und die Tische noch nicht voll. Ach! es zeig am Abend-Lichte Euer Sand die schönsten Früchte! Christi Schmach sey eure Sonne, Christi Schmerzen eure Wonne, Christi Wille euer Lohn, Christi Gnade euer Ton, Menschen-Lob sey euer Weinen, Denn das bringt beym Reichs-Erscheinen, Uns vor unserm Herrn und Gott Ganz gewiß in Schand und Spott. Richten uns der Mutter Kinder, (So thät Rom 4 dem Ueberwinder.) Priester! der kein Ende nimmet, Dessen Opfer ewig glimmet, Deß Gehorsam Segen bringt, Deß Gebet den Vater zwingt, Herz, der ewgen Liebs-Bewegung; Komm auch über uns in Regung, Zeitige durchs Wortes Gluht, In Berlin und Herrenhut, Lehrer, Könige und Beter, Diese früher, andre später. Fußnoten 1 Es ist keine Mutter-Kirche in der Welt, als die Eine, Jerusalem, das droben ist, die ist unser aller Mutter. Aber sechzig ist der Königinnen, und achtzig der Kebs-Weiber, und der Jungfrauen ist keine Zahl, die werden nach ihren Orten genennet, wo sie gesamlet sind, zu Corinth, Ephesus, Rom, Berlin, Halle, Jena, Herrnhut, etc. sind in ihren Ordnungen und Formen oft unterschieden, welches die Evangelischen Bekentnisse für gleichgültig achten, stehen aber auf Einem Grunde, und sollen nach Einer Regel wandeln. 2 Denn er war tod-krank; Gott aber hat sich über ihn erbarmet, weil es gut war, im Fleisch zu bleiben. 3 Und Schadens. 4 Als die Censores noch der größten Helden und Imperatoren Handlungen beurtheilen und richten durften, da stand es gut um Rom.