98. Lied für eine Königliche Erb-Prinzeßin 1731. Christen sind ein göttlich Volk, Aus dem Geist des Herrn gezeuget, Ihm gebeuget, Und von Seiner Flammen Macht Angefacht: Vor des Bräutgams Augen schweben, Das ist ihrer Seelen Leben, Und Sein Blut ist ihre Pracht. Ach! du Seelen-Bräutigam! Hast Du mich der Welt entzogen, Ausgesogen Von der alten Creatur, Und die Cur, Welche Deine Seelen heilet, Auch mir Armen mitgetheilet; Schenke mir die Geists-Natur! Königs-Kronen sind zu bleich, Vor der Gott-verlobten Würde; Eine Hürde Wird zum himmlischen Pallast; Und die Last Drunter sich die Helden klagen, Wird den Kindern leicht zu tragen, Die die Creutzes-Kraft gefaßt. Ehe Jesus unser wird, Ehe wir uns selbst vergessen, Und gesessen Zu den Füssen unsers Herrn; Sind wir fern Von der ewgen Bundes-Gnade, Von dem schmalen Lebens-Pfade, Von dem hellen Morgenstern. Pilgrimschaft zur Ewigkeit Bleibet immerdar beschwerlich, Ja gefährlich; Bis man ringt und dringt zu Dir, Enge Thür, Ein'ge Ursach der Vergebung, Gluht der Göttlichen Belebung, Jesu, unser Liebs-Panier! Zeuch uns hin, erhöhter Freund! Zeuch uns an Dein Herz der Liebe, Deine Triebe Führen mich, du Sieges-Held! Durch die Welt; Daß ich Deine Seele bleibe, Und solange an Dich gläube, Bis ich lieb' im innern Zelt. Da ist meine Hand und Herz: Du hast Deine Seel gewaget, Unverzaget, Und das alles blos allein, Daß ich Dein, Und Du meine heissen köntest; Wenn Du nicht vor Liebe brenntest; Hätte das nicht können seyn. Nun ihr Kronen fahret hin, Fahre hin, erlaubte Freude! Meine Weide Sey des Herren letztes Mahl Vor der Quaal, Meine Ehre Seine Schande, Meine Freyheit Seine Bande, Mein Geschmuk die Ros' im Thal.