119. Auf der Gräfin 33sten Geburts-Tag 1733. Für uns verwundtes Lamm! Mit keines Menschen Zungen, Nach Würdigkeit besungen; Weil sich der Adern Schlamm Noch in die Kolen mischet, Und in den Gliedern zischet, Die wie ein todter Zahn, Doch noch nicht abgethan. Wie wärs, man schwiege gar, Und ließ' vors Geistes Wittern, Die Glieder heilig zittern, Bis auf das kleinste Haar, Die Augen möchten thränen, Das Innerste sich sehnen, Die Sinnen gingen zu, Und dächten: Lamm nur Du! Wo bliebe dann der Mund? Wer kan die Liebe kennen, Und sie nicht Liebe nennen? Du treuer Fürst vom Bund! Wie solten Deine Zeugen Vom Bundes-Blute schweigen? Gezeugt, so schlecht es klingt! Gesungen, daß man singt! Herr! hier ist eine Magd Von einem solchen Stande, Der in dem Vaterlande Gar selten viel besagt, Und dem der Geist in Schriften Kein Ehren-Maal will stiften, Der Geist, der Zweifelsfrey, Weiß, was im Menschen sey. Ja! Vater, du hast recht, Ruft dort die weise Liebe, Daß Deiner Weisheit Triebe Die Hoheit viel zu schlecht. Und Paul: Seht an ihr Lieben, Wo sind die Edlen blieben: Ein andrer Zeuge spricht: Erhebt die Reichen nicht. Zwar redet auch die Schrift Von etlichen der Fetten, Die ihre Seele retten: Theils Grosse, die es trift, Sind Ammen und sind Pfleger, Und Gottes letzte Jäger, Theils bringen ihre Macht Mit in die Salems-Pracht. Allein wo siehet man Die Grossen, die sich lieber, (Weils doch so bald vorüber,) Mit jenem Schmerzens-Mann In Seine Leiden wagen, Als Ehren-Zeichen tragen, Und lieber arm und klein, Als reich und mächtig seyn? Wo ist der König hin, Der vor der Bundes-Lade, Mit aufgebrachtem Pfade, Und eingekehrtem Sinn, Das Chor der Mägde führte, Und seine Harfe rührte, Und der bey aller Schmach, Von nichts als Ehre sprach? Seht doch das Königs-Weib Bedekt mit Perlen Stükken Sich auf den Boden bükken! Der Purpur ziert den Leib, Der Sinn ist allewege Geniedrigt vor dem Hege; Und die den Ochus bindt, Bleibt Mardachai Kind. Ihr Brüder Misael, Rükt unserm Geiste näher! Und du gebeugter Seher, Am Wasser Hidekel! Beym Glükke zeigt ihr Demuth, Und Friede bey der Wehmuth, An Armuth seyd ihr reich; v. 18. Diß ist der Zeugen Zeug. Herr Jesu lehre doch Die Erdmuth Dorothee, An der ich Gnade sehe, Geschiklichkeit ins Joch, Und Lust zum heilgen Streite, Und Muth an meiner Seite, So groß und auch so klein, Als die Hadassa, seyn. Ja Vater! weil Du Dir In Gnaden läßst gefallen, Daß wir im Creutz Reich waklen, Und unsrer Schilde Zier, (Das Antheil von der Erde) Mit Schmach gekrönet werde; So zeige aller Welt, Daß Jesus Treue hält. Laß uns geringe seyn, Und wenn es Dir gefället, Noch mehr zurük gestellet, Wir willigen darein. Nur laß uns auch erfahren In unsren Pilgrims-Jahren, Daß eine kleine Kraft, Gewisse Arbeit schafft.