15. Brief Erbrich, gelehrter Freund, erbrich dies schmale Blat Das bloß Erkenntlichkeit zu seinem Inhalt hat. Ein jedes Wort zeigt dir mein redliches Gemüthe; Es brennt in meiner Brust der Dank vor deine Güte. Dieselbe zeigt der Fleiß, ich schreibe unermüdt, Weil mich dein Beyfall itzt zu dem Geschäfte zieht. Ich denke noch daran was dir mein Mund versprochen, Als ich den Lorber sah den du vor mich gebrochen. Die werthe Leucoris liegt mir stets in dem Sinn, So daß ich nicht wie sonst in meiner Ruhe bin. Mein Geist ist aufgebracht, ich will mein Wort auch halten Nach unsrer Deutschen Art, wie sonst die lieben Alten. Damit mein Wissen auch gesetzt und gründlich sey, So unterfang ich mich im Lernen vielerley. Der dir Bekannte – sucht mich zu unterrichten In der Philosophie; die bessert einst mein Dichten. Mir geht ein neues Licht in dem Verstande auf, Ich spühr der Lehren Kraft, und gebe Achtung drauf. O! schöne Wissenschaft, du bist ganz auserlesen. Dein reizender Begriff, dein Schluß, dein Satz, dein Wesen, Zeigt uns der Weisheit bahn; hier scheut man nicht Gefahr. Das Ende stellet uns etwas Vollkommnes dar. Ich zürne daß ich nicht vorlängst darauf verfallen; Mir ekelt noch vor mir, ich kann nur davon lallen; Zwar ärgert mein Geschlecht sich wohl nicht wenig dran, Es sieht mich statt des Danks mit schelen Augen an; Doch mein gelassner Geist erduldet alles Schmähen. Gesetzt das Männervolk kanns auch nicht gerne sehen; Mein Vorsatz ist gefaßt, mich stört kein schwarzer Neid. Ich überwind ihn doch einst durch Vernunft und Zeit. Was kann ich dir zum Schluß vor deine Freundschaft schenken? Ein Herz voll Redlichkeit, ein stetes Angedenken Mehr fordre nicht von mir, grüß was mir günstig ist, Damit in Wittenberg man meiner nicht vergißt.