2. Schäferlied Thyrsis! fragst du wo ich bin, Quält dich Sehnsucht und Verlangen; Klagst du mit bestürztem Sinn, Daß dir Doris ist entgangen? Ja sie floh, doch steht sie hier, Dir von weitem nach zu blicken, Da mich das Verhängniß dir Will aus Fluhr und Augen rücken. Frage nur den Wiederschall, Der durch Thäl und Wälder dringet, Und die Wörter überall Die er fängt, zusammen bringet. Frag ihn nur, ob Doris klagt, Die den Abschied schuldig blieben, Was sie dem entfernet sagt, Den sie noch muß zärtlich lieben. Holde Gegend, fettes Gras! Meiner Augen schönste Weyde, Wo ich oft mit Thyrsis saß, O was spührten wir für Freude! Ach, wie süsse roch der Klee, Der die bunten Wiesen zieret; Itzo hat ein herbes Weh Mich und meine Brust gerühret. Stolzer Bach! was rauschest du? Laß dein Rieseln stille schweigen. Höre mir, der Doris zu, Sie erkiest dich hier zum Zeugen. Sage meinem Schäfer an, Was du siehst für Thränen fliessen, Die dein Umfang gar nicht kann Mit in seine Quelle schliessen. Still, hier hör ich einen Klang, Es verdoppelt sich mein Klagen. Sucht vielleicht in diesem Gang Mich mein Thyrsis auszufragen? Träum ich, oder, hör ich ihn, Will ein Waldgeist mich verführen, Feige Doris willst du fliehn? Nein! ich such ihn auszuspühren. Eilt ihr Schäfchen! kommt mit mir, Laßt uns ihm entgegen gehen, Denn ich weis gewiß, daß ihr Seine Stimme müßt verstehen. Wißt ihr nicht, wie manches Lied Mir, und euch vielleicht, gefallen, Das mein Schäfer sonst bemüht Ließ auf eurer Weid erschallen. Schaut, dort kömmt er in der That, Ach, ich seh ihn schon von weiten; O du höchst beglückter Pfad! Den mein Thyrsis will beschreiten. Ja, dies hab ich wohl gedacht, Daß mein Ach! ihn müste rühren, Und auch bey der finstren Nacht Uber Stock und Steine führen. Holder Schäfer, zürne nicht, Wenn du mich entfernt gefunden. Wem das Schicksal wiederspricht, Dem ist Hand und Fuß gebunden. Dieses riß mich zwar von dir, Aber dich nicht aus dem Herzen, Doch vergiß es, weil es hier Uns vergnügt läßt wieder scherzen. Sage mir, du, den der Pan Als den Preis von unsern Hirten Gar nicht satt bekrönen kann, Schwer es mir bey seinen Myrrthen! Bist du, da man uns gestöhrt, Seit der Zeit auch treu geblieben? Hat was Fremdes, das entehrt, Was das Glück mir zugeschrieben? Doch, mein matter Schäfer gleicht Stummen Bäumen in den Thälern, Sucht ein Satyr hier vielleicht Meine Lieb und Treu zu schmählern? Rede doch, Gespiele, sprich, Hat ein Feind dich aufgehetzet, Daß du deine Freundin, mich, Hast so schnell hindan gesetzet? Ach ihr Sterne! was geschicht, Ist es möglich, daß ein Schatten, Mich, die doch kein Schlaf anficht, Läßt mit meinem Thyrsis gatten! Wahrlich, es ist nur ein Traum Und ein blosser Schein gewesen, Daß ich zuckersüssen Schaum Von des Schäfers Mund gelesen. Falscher Nachtgott quäle doch Mich nicht mit dergleichen Bildern! Willst du bey so schwerem Joch Mir noch meinen Abgott schildern? Den ich, da die Hoffnung trügt, Leider muß nunmehr vermissen; Was mich wachend nicht vergnügt, Mag ich auch im Traum nicht küssen. Rede Doris nicht zuviel, Da dich Zorn und Eifer treibet, Weil auch bey dem Schattenspiel Thyrsis doch dein Liebling bleibet! Wohl, ich will zufrieden seyn, Find ich ihn nicht in der Nähe, Wenn ich nur von ihm den Schein Träumend in dem Schlafe sehe. Braune Nacht! verlängre dich, Laß den Hesper lange wachen, Daß ich ihn, mein ander ich Seh im Geist und Bilde lachen. Hat man doch wohl ehr gesehn, Daß ein Traum was prophezeyet. Hoffe fest, es kann geschehn, Daß die That dich bald erfreuet.