Just Friedrich Wilhelm Zachariä Fabeln Der Fuchs, der Wolf und die Affen Ein Fuchs, der lange schon geschmachtet, Umsonst nach manchem Huhn getrachtet, Erfuhr, daß eines Affen Frau Im Kindbette sey. Ha! (dacht' er schlau) Vielleicht trag' ich vom Wochenschmaus Auch wohl ein fettes Maul nach Haus, Man muß sich in die Zeiten schicken, Gefällig seyn und viel sich bücken: Sonst bleibet Börs' und Magen schlapp. So dacht' er bei sich und begab Sich auf den Weg zum Aufenthalt Der Affen in den nächsten Wald. Er fand die Wöchnerin im Lager Aus weichem Heu; von Mann und Schwager Und Muhm' und Schwiegerin umringt, Von denen jeder etwas bringt, So daß Herr Reineke, gar klug, Bemerkte, hier sey Schmaus genug. Er machte sich deshalb gar zierlich Zur Affin, bückte sich manierlich Bis auf die Schuh, und sprach: Madam, Daß ich den Weg zu Ihnen nahm, Ist aus der Ursach' blos geschehn, Die schönen Kinderchen zu sehn, Womit sie vor gar kurzer Zeit Den werthen Herrn Gemahl erfreut. O, zeigen Sie doch Ihrem Knecht, Von Ihrem adlichen Geschlecht Die beiden liebenswürd'gen Zweige, Daß ich mich auch vor ihnen beuge! Ihr Gnaden glauben sicherlich, Ein rechter Kindernarr bin ich! Als dieses die Frau Affin hört, Gar freundlich sie sich zu ihm kehrt, Reicht ihm die Hand, und spricht zum Mann: Sieh' doch den art'gen Fremdling an! Er kömmt hieher mit müden Füßen, Blos, unsre Kinderchen zu küssen. Hier, Freund, (sprach sie zum Fuchs) im Heu Ruhn sie im Schlummer alle zwei. Sie sagt' es, und zog mit der Hand Ein pelzgefüttertes Gewand Hinweg von ihrem Zwillingspaar, Und sprach zum Fuchs: Mein Herr, nicht wahr, Wenn Ihr's aufrichtig wollt gestehn, Was Schöner's habt Ihr nie gesehn? Der Fuchs erschrak. In langer Zeit Hatt' er nicht so viel Häßlichkeit An irgend einem Thier erblickt; Doch rief er listig, wie entzückt: O, froher Tag! So seh' ich denn Die beiden kleinen Engelchen In jedem Liebreiz vor mir liegen? O, welche Freude, welch' Vergnügen Muß dies den hohen Eltern seyn! Fürwahr, trifft mein Vermuthen ein, So werden sie, das ahnet mir, Die Lust der Welt, der Affen Zier. Als dieses die Frau Affin hört, Ward sie von Freude ganz bethört, Wie ihr Herr Eh'mann ebenfalls. Er warf dem Fuchs sich um den Hals Bat ihn auf's Freundlichste zu Tische, Trug auf Pasteten, Braten, Fische, Viel Obst, und Nüsse groß und klein, Und trank ihm zu vom besten Wein; So daß der Fuchs, sehr wohl gespeist Und halb berauscht, von dannen reist. Ein Wolf traf auf dem Weg ihn an Und sprach zu ihm: Mein lieber Mann, Ich seh' an deinem vollen Bauch, Du hast geschmaust. Könnt' ich nicht auch Zu einem solchen Fest gelangen, Bei dem es dir so wohl gegangen? I, Freund! (versetzt der Fuchs) gar leicht Wird dieser Wunsch von dir erreicht. Des Affen Frau liegt in den Wochen, Der hab' ich eben zugesprochen, Sie hat zwei allerliebste Kinder, Sie zeigt sie gern; wo du nicht minder, Als ich, sie lobst, so gibt sie dir Mit Dank zu schmausen g'nug dafür. So? (sprach der Wolf) brauch' ich nur dies, Dann hab' ich meinen Fraß gewiß! Er eilte zu den Affen hin, Und traf sie an bei frohem Sinn; Ward freundlich von dem Mann empfangen, Nach seinem höflichen Verlangen Zur Frau geführt, die, sehr geneigt, Ihm alsobald die Kleinen zeigt. Herr Eisengrimm mit starrem Blick Fuhr ganz erstaunensvoll zurück. Was Kuckuk! (schrie und lacht' er laut) Hier schaudert einem fast die Haut! Dies sind ja wahre Ungeheuer! Und die Scheusäligen sind euer? Ei! schrien die Affen allesammt, Die Mutter mit, von Wuth entflammt, Ei! seht mir doch den Grobian Mit seinen Schmeicheleien an! Was braucht er denn hieher zu gehn, Und unsre Kinderchen zu schmähn? D'rauf griff ein jeder nach dem Knittel, Durchklopften weidlich ihm den Kittel, Daß er, an allen Vieren lahm, Zum Fuchse hungrig wieder kam. Sobald Herr Reineke vernommen, Wie schlecht der Wolf davon gekommen, Sprach er: Ihr gebt mir wohl nicht Recht! Allein Ihr kennt die Welt noch schlecht. Gern hält das Ohr dem Schmeichler still; Die Wahrheit Niemand hören will. Dies hab' ich, Leser, auch gedacht, D'rum kommt sie hier in Fabeltracht.