Geschieden »Zwei einsame Menschen Sie irren durchs Leben, Sie irren und suchen Und suchen und streben ... Zwei einsame Menschen Sie treffen zusammen, In einander fluten Ihre Seelen und Flammen ... Doch ... Sie müssen sich trennen ... Und weiter sie schreiten, Die Ketten klirren – Zwei einsame Menschen Sie suchen und irren.« (John Henry Mackay.) Sie ist gegangen ... horch, Die Flurthür fällt ins Schloß! O mein geschlagenes Herz! Es fühlt ein wildes Stechen, Zuckt wie ein röchelnd Lamm Und möchte brechen. Nun haucht mich kalt die Öde an; Wie eine Sterbekammer ist die Stube, Wenn der zugedeckte Sarg Schwankend schied – Gramverstummt, frostig, leer. Ihr meine Augen, starrt nicht mehr In dieses eisige Grauen, Schließt euch fest wie Totenaugen! Nach Innen will ich schauen: Hier im Tiefgeheimen Seh ich zärtliche Augen von Einst, Sanfte Hände fassen mein Haupt, Auf meinen Lippen glühendes Saugen ... O bleibe, liebewarmer Mund! So wird mein schmachtend Herz gesund, – Wie flammenroter Mohn, Aus thauiger Flur geraubt, Vom Welken heimlich sich erholt Am Kusse des Wassers im Glase Und von der heimischen Wiese träumt ... Träumen will auch ich, Von meiner Wiese träumen – Von dir, mein Lieb – – Ein Stübchen mit lichten Gardinen, Über die graue Straße hoch Emporgehoben zum sonnigen Blau, Wo weiße Wolken weiden Und blitzende Tauben kreisen ... Auf dem Sofa sitzen du und ich; Vor uns auf dem Tische ruht die Zither, Und mit schüchternen Fingern tippst du Auf die Saiten. Ich schaue den Fingerchen zu, Damit sie nicht fehlen, und zähle den Takt. Doch mich verwirrt dein Händchen – Ich möchte das Händchen drücken Und wag' es nicht. Nur um die irren zu leiten, Ergreif ich die Finger Und drücke leise, Wie zaghaft bittend. Da werden die Finger so schwach, Das Händchen liegt bebend in meiner Hand, Dir glühen die Wangen, die Augenlider Sinken schamhaft schmachtend nieder, Der Busen wogt ... O seliges Flammen, Da wir uns schmiegten wild zusammen, Als müßten küssend wir verschmelzen. – So lebten wir fortan Im Stübchen, Frau und Mann, Von Gardinen versteckt Den neugierblickenden Fenstern Der Häuser gegenüber. Wenn ich in feierlicher Nacht Von Hochgesprächen mit den Freunden Heimkehrte wie berauscht Und klopfenden Herzens sacht Betrat das dunkle Stübchen, Dann grüßt vom Lager mein Liebchen, Liebewach, im Dunkeln lächelnd; Und zärtlich knie' ich nieder, Und weich und warm Schlingt sich um meinen Hals dein Arm; Wir kosen und küssen ... gute Nacht! Dann such' ich friedevoll mein Bett Und liege stumm im Dunkeln ... Doch die Gedanken schwärmen Ameisenhaft im Haupte; Und drüben hör' ich Liebchen Sehnlich atmen. Da wallt mein Blut so heiß ... O komm, mein Lieb, o komm Und sei die wilde Flamme, Die den Seligen verzehrt Und erst erlischt, Wenn draußen über Dächerwogen Im Morgengrau die Vorstadtlerche zwitschert ... Vorbei! Zerrissen, zerstoben Wie zarter Morgentraum! Kalt blickt die Welt In meine thränenden Augen; Und meine Thränen wandeln nicht die Welt. – O warum Kann Liebe nicht leben Wie auf der Flur ein Vogelpaar? Die treue Flur Gibt Halme zum Nest und Körnchen. Doch zwei Menschenherzen In steinerner Stadt Brauchen Stube und Kleider und Brod; Und die Stadt ist so grausam hart ... Weinendes Lieb, Geh von deinem armen Schatz, Der dich nicht kleiden und speisen kann; Weinendes Lieb, fahr wohl! – So bist du fortgegangen ... Ich und die Stube wir sind allein, Blicken uns an so leer, Beide vor Gram ganz stumm ... Welch garstiges Gesumm, Bösartig dumpfes Rollen Tönt drunten von der grauen Gasse! Höhnst du, steinerne Stadt? – Wie ich dich hasse, Grausame Gasse, Brandende Menschenmasse!