An Herren Heinrich Wotton, engelländischen rittern Die morgenrötin kommet her von aufgang mutiglich geflogen, die ihren schmuck, pomp, ruhm und ehr auf einmal jetzund angezogen; Sie macht mit lachend rotem mund durch lieb die erd und himmel wund, sie macht mit schmollend roten wangen die erd und himmel mit ihr prangen; Das land mit ihrer zarten hand bestreuet sie mit gilg und rosen, und mit süßköstlichem gewand will sie der weiten welt liebkosen. Hör, wie mit doppeltem getös das fließend schnelle silber rauschet, wie, diser schönen zeit gemäß, der bäum laub seine küß vertauschet; Hör doch, wie Philomele frei darf ihres schwagers büberei ihr trübsal, lieb und leid erklingen und wider und bald wider singen; wie sie mit übersüßer weis will lindern, längern und verzwicken ihr leid, sich selb mit süßem fleiß und auch die götter zu erquicken. Warum dan schweig ich nu so lang, warum soll meine stim sich sparen und durch ein billiches gesang der helden lob nicht offenbaren? Insonderheit der helden lob, von denen wir ein wahre prob, wie man den tugenden ergeben mit ihnen ewiglich mög leben? So gib mir nu mein instrument, und du, Thalia, hilf mir singen, auf daß bis in das firmament mein würdiges lied mög erklingen. Heinrich, ein Wotton an geschlecht, so keines helden stammen weichet, du bist vom himmel ein gemächt, der dich mit seinem schatz bereichet Kein andre dan der götter hand könt dich an leib, geist und verstand so leiblich uns abconterfehen, daß man sie all in dir kan sehen: Dan Jupiter hat dein geblüt und Phöbus deinen geist gezieret und wie Mars, forchtfrei, dein gemüt, also Lieb dein gesicht regieret. Der himmel hat kein schlechte gunst und trost auf Engelland gegossen, indem er so vil lehr und kunst in dein haupt und brust eingeschlossen: Dein könig, welchem an weisheit, lehr, gotsforcht und geschicklichkeit kein könig und mensch gleich zu nennen, könt solches längsten wol erkennen Darum er dich oft hin und her zu großen potentaten schicket, als der weiß, wie dein tiefe lehr geschäften, die sehr schwer, beglücket. Mehr dan der redreich Amfion, der Thebe mit der maur umrungen, mehr dan der schönen Mayen sohn, von welchem Argus war bezwungen; Mehr dan der Griech selbs, welcher klug der süßen meerfräulein betrug mit nicht geringerm lob betrogen, dan er den umkreis durchgezogen Und dessen mund mit überfluß könt eine honigred ausgießen wie die schnee mit der wolken guß zu frühlingszeit von bergen fließen. Kan deines munds wolredenheit, wie du selbs wilt, das herz bewegen. kan deiner red vollkommenheit die stolze seelen niderlegen Und deine zung in jeder brust kan lieb und haß, leid oder lust, müh oder ruh zu wegen bringen, die willen, die unwillig, zwingen; Sie kan, wie sie will, das gemüt anreizen, treiben, halten, stehlen, erfüllen mit zorn oder güt, ja sie kan stein und blöck beseelen. Vil sprachen feind dir also kund, als ob sie allzumal dein eigen, und du kanst mit lehrreichem mund auch den gelehrtesten vil zeigen. Darum, der schönste kranz, den man bei Eurota zurichten kan, ist zu schlecht, dein haupt zu berühren und nicht wert sich damit zu zieren; Sonder, Wotton, der Musen wohn, die götter, die dich so lieb haben, die machen selbs ein reiche kron, dich würdig damit zu begaben.