An Heinrich Bilderbecken Ich halt mit dir, mein werter freind, daß all der tugend stolze feind nicht edel, noch lobwürdig seind. Wiewol schon schier fünf dutzet jahr mein haar mit silberfarb bestrichen, darunder manche todsgefahr ich, in des höchsten gleit, entwichen; Daß also ich der alten sag, die, lobend was sie jung gesehen, die jugend diser zeit stets schmähen, beifallen möcht mit gleicher klag: Bin ich doch weder so verdrüßlich, noch so verdrossen und unhold, daß, wan die jugend nicht stets gold kan spinnen, ich sie schelt ganz mislich. Wiewol der welt das strack was schlim, dieweil die laster sie verblinden, wiewol die tugend auch so klim, daß man kaum weiß, wa sie zu finden; So find ich tröstlich hin und her (wa nicht vil grosse, doch) noch einen, von welchem man nicht kan verneinen, dan daß sein herz voll recht und ehr; Ja sehen wir schon nichts dan rauben, schand, brennen, mord und wüterei, kan ich doch nicht die lieb und treu ganz aus der welt vertriben glauben. Dises kan ich, Bilderbeck, leichtlich durch dein wort bezeugen, darum diser welt vier eck sollen dein lob nicht verschweigen. Lobet schon der schmeichler kunst manchen kaisern oder könig, wehret doch ihr lob so wenig als vermeinter götter gunst. Dan ein lob auf geld gegründet plötzlich als des pfennigs klang, da der tugend lobgesang klingend stets, niemals verschwindet. Solt sich ein herr aus höchstem stolz, als welcher dem betrug gern trauet, in einem schif von cederholz und helfenbein reich ausgebauet, Da voll schnitzkunst ein jedes theil von reichem atleß jeder segel, von purem demant alle nägel, von gold und seiden jedes seil, Mit perlein die banier verweben, von gold die anker stark und dick, von bestem metall alle stück, auf das weltweite meer begeben? Würd sich das nasse reich doch nicht ab solcher schif hochfart entsetzen, noch die meerwunder ihr gesicht ab solcher eitelkeit ergetzen: Ja weder das meer, noch der wind würd, solchen reichtum zu entfahren, die wellen noch das wehen sparen, noch sich erzeigen sanft und lind: Sondern das silber, gold und seiden, wie immer prächtig, würd kaum mehr, dan so es eisen, zwilch, hanf wär, den sturm und untergang vermeiden. Also mag ein doller fratz seinen stambaum herausstreichen und mit seiner eltern schatz seinen armen mut bereichen; Er mag sein geschlecht uralt, billich oder fälschlich, rühmen und mit fremdem schmuck verblümen seiner natur misgestalt: Muß doch kürzlich in der erden mit gedächtnusloser nacht sein geborgter nam und pracht ein gestank und zu nichts werden. Der tod, der weder aug noch ohr, kan nichts von reichtum, pomp und ehren, wie hoch sie einen auch entpor erheben, sehen oder hören: Doch ist er so genau und rahn, daß ihn kein danzen, singen, lachen, daß ihn kein trauren, beten, wachen, list, kunst, noch macht verhindern kan: Ja, er (allwürger) kan nach willen so leichtlich mit mord, klag und graus ein fürstliches schloß und lusthaus als eines flickers hüttlein füllen. Da muß sich dan der groß monarch für disem größern fürsten biegen und für sein reich mit einem sarch, mit staub für seinen stab vernügen: Da wird der stolz des übermuts, der schlecker alles lusts und eckels, der geizhals alles gelts und seckels und die blutgurgel alles bluts, Der gleißner, was er misgeglaubet, des raubs der groß und kleine dieb, der hurer seiner schnöden lieb und der feind seiner rach beraubet. Warum dan, torechte seel, dich ausbreitend als die pfauen, wilt du nicht selbs deine fehl, als sie ander leut, anschauen? Mußt schon die vergessenheit deiner eltern wert verschonen, wil sie doch mit schmach belohnen deines prachts vermessenheit: Und die spürhund deiner sünden könden dir mit deiner hab mehr nicht, dan ein schweres grab in der finsternus ausfinden. Die tugend hat allein die macht den menschen von dem tod zu freien und ihm mit ewig klarem pracht ein neues leben zu verleihen: Der Herkules mit müh und fleiß erwarb ein allgelobten namen, nicht weil er von der götter samen, sondern dieweil er kühn und weis. Von gleichem eifer angetriben hat mancher sich in manchem land mit werhaft oder bloßer hand in der gedächtnus buch geschriben. Insonderheit zu unsrer zeit hat sich Gustav der groß befunden, der, gleichlos in dem rat und streit, die zeit und den tod überwunden. Die feind hat der held Bernhard auch zugleich mit blut und scham befeuchtet, daß sein ruhm unaufhörlich leuchtet trutz aller finstern hässer rauch. Noch andre, dem wolthun ergeben, die unschuld schützend mit dem schwert, die warheit stützend mit dem wert der lehr und feder, sich beleben. Die so weder geil noch träg, liebend ein rastloses leben, auf des wollusts breiten weg sich verlierend nicht begeben. Sondern die von kindheit an übend wacker ihre jugend, reisen hurtig auf der tugend gäh und ungebahnten bahn, Die gelangen nach verlangen endlich zu der ehren thron, da sie, selig, dan die kron der unsterblichkeit empfangen. Hat schon des aberglaubens wut des Teutschlands haupt und herz getroffen, daß es von seinem eignen blut, mehr, dan zuvor mit wein, besoffen: Und hat es schon die greulichkeit mit thränen, blut und feur gewaschen, so sih ich doch noch in der aschen vil funken teutscher redlichkeit; Und solche (für und für zu glänzen) verzehrend das bedräuend joch, verhof ich sollen, dapfer, noch widrum des reichs grundbruch ergänzen. Nun unter denen, welche sich recht edel auf altteutsch erweisen, muß und kan ich mit warheit dich, mein Bilderbeck, für einen preisen. Dan du, der heuchlerei zu trutz, bist aller eitelkeit verächter, der warheit und freiheit verfechter, der redlichkeit herberg und schutz: Du pflegest schwarz was schwarz zu nennen und, als der tugend herr und knecht, das weiß weiß und auch das recht recht und das falsch falsch rund zu bekennen. Aller sprachen wissenschaft, die man in Europa höret, aller künsten eigenschaft hat der himmel dir bescheret. Kürzlich wie du selbs die kunst die vergessung zu vertreiben; also wird dein nam auch bleiben lobreich durch der Musen gunst: Ja, daß dein lob ewigwirig ist unfehlbarlich die prob, daß du alles lobs, o lob! würdig und doch nicht begirig.