Die zweiundneunzigste Fabel. Von der Maus und einer Katzen. Vil meus in einer holen want Hetten ein lange zeit gewont. Einsmals da kucket eine maus Heimlich zu einem loch heraus Und sahe ein katzen in der kamer Liegen, als wers in großem jamer; Den kopf hets auf die erd gelegt, Und alle vier von sich gestreckt. Da sprach die maus zu irm gespan: »Das tier siht mich so bermlich an Und hat so gar ein geistlich gsicht; Es ist fürwar so böse nicht, Wies die leut pflegen zu verleumden: Ich muß mich zwar mit im befreunden. Gar gern ich seine kundschaft het.« In dem sie sich baß nahen tet, Grüßt sie und tet sich für ir bücken. Die katz ergriffs und riß zu stücken. Da solchs die andern meuse sahen, Mit schrecken zu einander jahen: »Fürwar, fürwar, dem angesicht Ist umbesehens zu glauben nicht!« Laß dich mit worten nicht betören, Mit auswendigem schein verfüren: Undern schafskleidern sind verborgen Groß wolfe, welch die schaf erworgen.