Die neunte Fabel. Vom Schaf und seinem Hirten. Ein schaf begunt den hirten schelten Und sprach: »Deins gleichen findt man selten: Von mir nimst so vil milch all tag, Als du und dein gsind eßen mag; Noch tustu mer von mir begern, Im jar mich zweimal lest beschern.« Der hirt erzürnt und ward im gram Und würgt von stund dasselbig lam. Es sprach: »Da solchs must selb ansehen, Wie möcht mir größer leid geschehen?« Der hirt sprach: »Wenn ich dich jetzund Würf für die wolf und für die hund.« Da es solchs hört, erschrack das schaf, Schweig still, besorgt sich größer straf. Wenn eim ein unfall widerfür, Und engstet in on all gebür, So denk er nur, es muß so sein, Und trucks in die gedult hinein, Daß nicht, wo er wil widerstreben, Eins größern unfalls muß geleben. Denn gegen Gott und das unglück Hilft kein panzer, krebs noch rückstück. Doch findt der auch, so bös hat tan, Zu seiner zeit verdienten lon.