Die neununddreißigste Fabel. Vom Esel und dem Rinde. Der esel und ein rind all beid Giengen zusamen an der weid; Da horten sie on als gefer In allen dörfern weit umbher Mit alln glocken zu sturme leuten. Der esel sprach: »Was mags bedeuten?« Da antwort im dasselbig rind: »Die feind vorwar fürhanden sind. Laß uns beid mit einander fliehen, Biß daß die feind fürüber ziehen. Wo sie uns beid allhie ergreifen, Müßen wir tanzen nach irer pfeifen; Gefangen fürens uns davon, Wer weiß, wie mags uns denn ergon!« Da sprach zum rind der esel nun: »Wiltu fliehen, das magstu tun! Dir ist leid, daß du wirst erstochen Und sie dich schinden, schlachten, kochen; Für dem allem bin ich ganz frei. Eins gilt mir gleich, geb wo ich sei. Muß ich doch all mein lebetage Holz, waßer, seck zur mülen tragen.« Hie werden glert die eigen knechte, Daß sich nit wern mit widerfechten, Zu einem andern herrn zu wandern, Den einen geben umb den andern. Denn wo sie kommen, müßen schaffen Und von den herrn sich laßen strafen, Doch also, daß sie haben acht, Daß nit übel werd erger gmacht, Und daß sie nit der letste zwinge Mer denn der erst zur arbeit tringe. Darumb erwechst groß widerwill: Des uns erfarnheit zeiget vil.