Die zwanzigste Fabel. Vom Luchs und dem Fuchs. Es hat der luchs gar schöne har, Uberall fleckecht ganz und gar, Wie schöne blümlin fein gemalt; Den reizt zu hoffart sein gestalt. Er sprach: »Auf erden ist kein tier, Das an schön werd vergleichet mir.« Derhalb sich prechtig hielt der luchs. Da kam zu im ein kluger fuchs, Sprach: »Bruder, tu dich nicht erheben, Laß ander tier auch bei dir leben, Du bist es warlich nit allein: Laß ander tierlin auch was sein. Dein schönheit hastu in der haut, Er ist ein narr, der darauf traut. Ich aber bin geziert von innen Mit list, verstand und klugen sinnen, Die wolt ich für dein haut nicht geben, Sie bringt dich doch zuletst umbs leben.« Die güter, welch der mensche hat, Sind nicht all gleich in einem grad. Glück ist gut, wer damit begift, Leiblich schönheit es übertrifft, Doch ist des herzen schön und zier Beßer denn ander gaben vier. Die alten wünschten, daß in möcht bleiben Ein verstendig gmüt in gsundem leibe.