Die einundzwanzigste Fabel. Von den schwangeren Bergen. In alten zeiten, vor tausent jarn Begab sichs, wie ich hab erfarn, Ein landgeschrei kam under die leut, Wie die berge zur selben zeit Schwanger waren und solten geberen. Alls volk lief zu mit großem begeren, Und kam zusamen ein große schar Aus vilen landen gelaufen dar Und schauten an die berge groß: Sie waren bauchet uber dmoß. Ein lange zeit sie da erharrten, Mit großer forcht teten erwarten, Wenn sich nun öffnen wurd die erden, Was seltzams dings daraus solt werden, Ein dromedari oder elefant, Oder sonst ein wunder unbekant. Zu letst kroch zu dem berg heraus Ein kleine lecherliche maus. Als sie heraus lief und sich regt, Ward alles volk zu lachen bewegt. Mit diser fabel werden die troffen, Von den man groß ding tut verhoffen, Ir sach mit worten schön verblümen Und sich der zehen tun berhümen, Der sie nicht eins zu tun vermügen; Und wenns denn kommet zu den zügen, Das rechtes ernsts und treffens gilt, So werdens mit eim wort gestillt. Faren hoch her und aufgeblasen, Im treffen schmeißens in die hosen. Uber dieselben Horatius klagt In arte poetica, da er sagt: »Wenn große berge schwanger wern, Tun sie ein kleine mans gebern.« Wer pochen und vil wort kan machen, Der tut das wenigst zu den sachen. Ein unnütz sach tut oft erwecken Durch vil geschwetz unnützen schrecken.