Die achtzigste Fabel. Vom Witwer und Witwen. Ein witwer eine witwe nam: Der teufel zu seiner mutter kam. Der man het vor gehabt ein weib, Die in gleich irem eignen leib In allen eren het geliebt Und solchs auch mit der tat geübt. Aber diß weib bracht im stets für Irn ersten man da für die tür, Sein großen ernst, erliche taten, Die im zu ern geholfen hatten, Tet im ein wort verschweigen nicht, All malzeit bracht fürs erst gericht Irs erst gestorben mannes kopf, Daß auch zuletzt der arme tropf Umb friedens willn must vil verschweigen Und ließ sie immer anhin geigen. Einsmals hets einen feißten capaun Gebraten hübsch rotlecht und braun; Zum abentmal tets in aufsetzen Und doch den man mit worten hetzen. Zur tür ein betler sich da naht, Durch Gottes willn ein almos bat Umb aller christen seelen willen. Auf daß sie möcht irn trutz erfüllen Und an dem man sich weidlich rechen, Den Capaun in zwei stück tet brechen, Sprach zum betler: »Hab dir das teil Für meins vorigen mannes seel!« Der man rief bald dem betler wider, Er sprach: »Mein weib so frum und bider, In irem leben keusch und treu, Gott geb ir heint die ewig reu. Sehe, hab dir das! Denk ir dabei, Geb, daß ir seel bei Gotte sei!« Und reicht im hin das ander teil. Da was bei allen beiden feil, Und must das weib und auch der man Allbeid ungeßen schlafen gan. Du solt nicht wüten oder schelten In den, der dirs kan widergelten. Wer einen stein wirft oben aus, Dem fellt er auf sein eigen haus. Für dem starken soltu dich krümmen; Bös ists, gegen das waßer schwimmen. Fall nicht dem größern in die straf, Und nicht gegen backöfen gaff.