Die siebenundsechzigste Fabel. Vom Hund und seinem Herrn. Es het ein man ein treuen hund: Des morgens früe, wenn er aufstund, Allzeit in selber speisen tet, Auf daß er in dest lieber het; So oft ern auch gebunden fand, Löst er in auf mit seiner hand. Der knecht in binden must und fahen Und allen tag mit prügeln schlahen, Auf daß er sehe, das bös im tet Der knecht, das gut vom herren het. Darumb der hund einst von im lief; Sein herr jagt nach, den hund ergriff Und sprach: »Du undankbarer schalk, Ich hab dir selb gefüllt den balk Und lieber ghabt denn ander hund, Kein mal gebunden noch gewundt.« Der hund sprach: »Was der knecht hat tan, Nem ich gleich wie vom herren an.« Wer schaden stift, ist gleich so gut, Als der tatlich den schaden tut. Wenn einr nicht wil, daß man es merk, So macht er durchgestochen werk, Wie jener man, der schlug die haut Und traf im selben scherz die braut.