Die achtundsechzigste Fabel. Vom alten Apfelbaum. Es het ein baur in seinem garten Ein apfelbaum, des tet er warten, Denn er von selbem äpfeln schon An größ und gschmack all jar möcht han. Er las aus, welchs die besten wern, Brachts järlich in die stadt seim herrn. Dem schmecktens aus der maßen wol, Gedacht bei im: fürwar ich sol Den baum in meinen garten setzen, Daß ich mich mög der frucht ergetzen! Als nun der baum ward da versetzt Und an der wurzel gar verletzt, Nach dem er war von jaren alt, Hub an und tet verdorren bald. Da solchs dem herrn ward angesagt, Den schaden er gar ser beklagt, Sprach: »Schwerlich leßt sich ein alter baum Versetzen auf ein fremden raum. Ach het ich meinen geiz kunt stillen, Mit den äpfeln die augen füllen, So wers daraus genug gewesen, Daß ich vom baum het äpfel glesen.« Wer allweg zu vil haben wil Und setzt dem geiz kein maß noch zil, Derselb verleurt oft, das er hat, Und komt zum andern auch zu spat. Das er gern het, erlanget nicht, Wie dem geizigen hund geschicht Mit dem stück fleisch, welchs im im bach Entfiel, daß ers nicht wider sach. Man sagt: wers klein verachten tut, Dem komt das groß auch nicht zu gut.