Die vierundvierzigste Fabel. Vom Schwan und dem Storchen. Plinius schreibt, wie daß der schwan Die art und eigenschaft sol han, Daß, wenn er mit dem tod sol ringen, So hebt er lieblich an zu singen. Das hört der storch und trat hinzu, Sprach: »Lieber freund, was tustu nu? Wilt dich jetzt erst in freuden üben, Da du dich billich soltst betrüben, Weil sunst all tier dahin geneigt, Wenn sich der tod an in erzeigt, Daß sie für angst und leid verschwinden, Wenn sie des todes schmerz empfinden.« Da sprach der schwan: »Hei, bruder, nein; Warumb solt ich jetzt traurig sein, Weil ich mein zeit erfüllet hab Und kum jetzt aller unlüst ab? Mich wird des weidmans strick nit worgen; Auch darf ich für die speis nit sorgen Und far in gutem fried dahin: Drumb billich sing und frölich bin.« Fürwar, wenn man es wol bedecht, Was nutzes uns der tod einbrecht, Der allen unfall dannen reumt, Daß uns kein fel noch krankheit seumt, Uns auch kein feind mer schaden mag, Solt uns billch nach demselben tag Mit großer gier herzlich verlangen, Und in mit aller freud empfangen.