Die fünfundneunzigste Fabel. Vom Wolf und dem Tarant. Der tarant ist ein stachlicht tier Wie ein igel, mit füßen vier, Lang spitzig federn von im laßt; Die werden oft in silber gfaßt. Die walhen in spineta nennen; Weiß nicht, ob in die teutschen kennen. Zu dem der wolf kam in den walt Und grüßt in gar freundlicher gstalt, Denn er sahe, daß mit zorn noch zannen In keines wegs kunt übermannen; Sprach: »Lieber bruder, was ists nütz, Daß du stets tregst all dein geschütz? Du soltst im fried die pfeil ablegen, So küntstu dich dest baß beregen. Die guten schützen tun so nicht, Wie man bei den kriegsleuten sicht: Bei friedens zeiten legens nider, In krieges nöten nemens wider.« Er sprach: »Herr wolf, mirs nit verkert: Mein vatter hat mich so gelert, Daß ich solt in des friedens zeit Stets sein gerüstet zu dem streit.« Zum unfall rüst dich in dem sieg, Im fried betracht künftigen krieg; Der ist ein kluger, weiser man, Der in die zeit sich schicken kan.