Die neunundvierzigste Fabel. Vom Esel, Affen und Maulwerf. Der esel sich beklagen tet Gar ser, daß er kein hörner het, Derhalb man in stets werlos find. Der aff sprach: »Sih, was mir zerrinnt! Wiewol ich hab mein glider ganz, Doch felt mirs hinden an dem schwanz, Damit möcht ich mein scham bedecken Und des sommers die fliegen schrecken. Ich mags wol mit der warheit jehen, Wir sind beid gar übel versehen Von der natur, die an uns hat Vergeßen solch nützen vorrat!« Der maulwerf sprach: »Ir tollen tier, Seht, was gebrechens ist an mir! Ir habt fürwar zu klagen nicht, Ir habt eur glider und gesicht. Dasselb euch wol ergetzen mag, Daß ir mögt sehn den hellen tag, Welchs mir nun nimmermer erlaubt, Ewig bin ich meins gsichts beraubt. Drumb schweiget ir und laßt eur klagen: Solch übel muß mein leben tragen.« Diß ist gsagt eigentlich zu denen, Die sich nach fremder brufung sehnen, Mit irm eigen wesen und leben Können sich nit zu frieden geben. Dieselben sein gleich wie die affen, Die auf eins andern wesen gaffen, Eins fremden brufs sie sich vermeßen, Damit irs eigen tuns vergeßen. In irm beruf ist in gar ant, Suchen allzeit ein beßern stant, Iren fürwitz damit zu laben. Wenn sie sich denn verneuert haben, Findens daselben großen greuel, Zuletzt komt über sie der reuel, Wenns kommen zu größerm unglück, Und mögen dennoch nit zurück. Denn woltens, daß sie weren blieben Und ir gewerb mit fleiß getrieben. Drumb rat ich eim jedern bei leib, Daß er in seiner brufung bleib Und hab der acht zu allen zeiten: So bstet er für Gott und den leuten. Der fürwitz uns so ser geheit, Verblendet also gar die leut, Daß über sein ampt ein jeder klagt, Wie der poet davon auch sagt. Ein jeden dunkt, seins nachbaurn flachse Vil beßer denn der sein aufwachse, Und daß seins nachbaurn ku allzeit Vil mer milch denn die seine geit.