Die siebzigste Fabel. Von einem Reuter und seinem Pferd. Ein reuter het ein schönen gaul, War lüstig, freudig und nit faul. Zu dem kauft er ein andern gorren, Band in zu jenem an den barren Und pflag im baß mit habern, heu, Mit strigeln und mit guter streu. Der gorr sprach zu dem ersten ros: »Wie komts doch, daß mein herr so groß Von mir helt und so günstig ist, Nach dem du doch vil beßer bist An schönheit, sterke, mut und prangen? Ich könt dir nicht das waßer langen.« Er sprach: »So sind der menschen kind, Fürwitzig und also gesinnt: Größer er tuns den neuen gesten Denn den alten, welch doch die besten.« Hie wird anzeigt die große torheit Und des menschen leichtfertigkeit: Das neue dunkt in stets das best, Damit das alte faren leßt, Ja unbesehns und übereilt: Damit oft wird der tür gefeilt. Kein ding die leut so tut bescheißen Als der schein und auswendig gleißen.