Die elfte Fabel. Vom reichen Man und seinen Freunden. Als ein reicher man war woltetig, Gar mild und sere rumeretig. Der het vil freund (denn wo ein as, Ist der vögel kein zal noch maß); Die waren teglich seine gest, Aßen, trunken mit im das best; Teglich im vil verheißen teten, Wie daß sie im in allen nöten Wolten getreulich beistant tun; Drauf solt er künlich sich verlon. Sprachen: »Ee dich solt jemand letzen, Wolten all unser leben setzen.« Einsmals gedacht er zu probieren, Obs auch so deichte freunde weren, Und bat sie alle auf ein mal Zu einem guten abentmal. Er sprach: »Ir herrn und guten freund, Mein not wil ich euch machen kund. Es sein etliche böse leut, Die haben mich erzörnet heut Und mich gefürt in großen schaden, Den ich leichtlich nit kan abladen. Drumb hab ich mir ganz fürgesetzt, Mein spieß und schwert gar scharpf gewetzt, Gedenk mir, morgen frü vor tage Ein blutig stund an sie zu wagen. Drumb bit ich euch, wölt frü aufstan, An denselben ort mit mir gan Mit eurem harnisch, gwer und waffen Und helfen mir solch feinde strafen.« Ob solchen worten gar erlagen, Wusten nicht, was sie solten sagen. Den zug ein jeder widerriet, Sprachen, sie könten folgen nit; Und jeder sein abrede sucht Und solches zugs eine ausflucht Biß auf zwen, die bestunden fest, Sprachen: »Wir wöllen tun das best, Wie wir dir globet und geschworn, Solt auch das leben sein verlorn.« Da sprach er zu dem größern teil: »An euch hab ich gefunden feil. Mein bund mit euch ein ende hat: Ir seid nicht fisch biß auf den grat.« Und hielt sich fürbaß zu den beiden, Welchen zu herzen gieng sein leiden. Es ist groß ding, freund in der not, Doch größer, freund biß in den tot, Im bösen grücht freund hinder rücken: Die drei machen ein feste brucken.