Drittes Lied Aber was am schönsten wäre, Was am würdigsten, des Sängers Lied ein Gegenstand zu werden, Was es schmückte, wie ein Frühling Mit der wunderreichsten Blüte, Wär' es leicht nicht zu errathen? Roms gepries'ne schöne Frauen, Wer vernahm nicht oft von ihnen? Wen erfreut' ich nicht, mit Feuer Ihr begeisternd Lob beginnend? Wüßt' ich nur, wohin die Augen Und den Klang der Lieder richten, Ob empor zu buntbehang'ner Glänzender Balkone Wunder, Ob zu jener beiden Reih'n Miglienlangem Farbenglanze? Ob in rasselnden Carossen Frauenschönheit ich bewundre? Gar zu reizend däucht mir jene, Mit der Feder Schwanenwallung Einer Königin zu gleichen, Doch zu hoch dem armen Sänger, Der im Volksgewühle treibt, Scheint sie fast auf dem Balkone. Wend' ich meine Blicke lieber Albanesischen Gestalten Trunken zu! Beim Gott der Liebe, Schöner sind sie wohl als jene! Welche Tracht! Der Vorwelt Weiber Sind sie, oder gar der Fabel, Und an solchem Busen nur Konnt' ein groß Geschlecht entstehen. Blumen lächeln aus der Haare Rabendunkel, und des Schleiers Weiße Masse senkt sich üppig Auf ein Schulternpaar, wie Marmor, Und aus hochgeschwelltem Tuche Tritt ein Nacken, dessen Reize Nur des großen Donn'rers Arm Zu umschlingen würdig scheinet. Und ich staune, wie versteinert Bleib' ich stehn, der Rosse Schnauben Und der tönenden Carossen Und des wirbelnden Gewühles Wenig achtend. Sieh', es fliegen Blumensträuß' ihr zu, und alles Wildgedrängte Volk umher Trifft ein ew'ger Zuckerregen. Doch ich fühle mich ergriffen Und von sanfter Hand geschlagen. Welch ein Schalk du bist, o Amor! Eine Schaar der schönsten Kinder Schäkert um mich her; willkommen! Rufen ihre süßen Stimmen, Und beim Namen nennt man mich, Nicht beim Namen, einen Dichter! Kaum bin ich bei mir, so sind sie Lachend im Gewühl verschwunden, Wer sie sind, was weiß der Sänger? Halb geneckt und halb geschmeichelt Drängt er weiter, läßt sich drängen, Immer Lieblicherm begegnend, Wird er hundert Masken gram, Die das Lieblichste verbergen. Holde, junge Gärtnerinnen Reichen Veilchen aus den Körben, Und die breite Arlecchina Fliegt mit Schellenklang vorüber! Wie das weiße Hemdchen jene, Wie die Busenschärpe kleidet! Bleibe fern! Nimm dich in Acht, Ihre Scheeren sind gefährlich! Wie sie jauchzen, wie sie schrillen, Wie sie schäkern, wie sie rennen, Wie sie grüßen und verschwinden! Wärst du häßlich, o so fliehe, Alle sagen dir's, und Spiegel Halten sie dir vor die Augen, Bist du leidlich und gewandt, Nun so kannst du viel gewinnen. Rasch dein Glück versucht! Die Stunde Kehrt nicht wieder! Sinkt die Maske, Sieht vielleicht ein liebend Auge Hell dich an! Im Scherze bildet Ernstes sich, doch bleibe weise, Denn dem Scherz folgt oft die Trauer; Kränze, die man Bräuten flicht, Ruhen oft auf ihren Särgen. Und wer möchte mir's verübeln, Wenn ich meines Lebens denke, Jener Zeit, da mir im Herzen, Solch ein Liebessehnen glühte, Da in tiefbewegter Seele Mir die künftige Geliebte So unsäglich schön erstand, Als die Herrlichste des Festes! Da so viele mich umschwärmten, Rasch an mir vorüberflohen, Und die eine, die ich träumte, Mir so unerreichbar dünkte, Da ich ungeduldig suchte, Nicht bedenkend, daß die frohen Kränze, die man Bräuten flicht, Oft auf ihren Särgen ruhen.