Oden aus Neapel und Lieder aus Capri und Sorrent Sehnsucht nach Neapel (Der Dichter war auf einer Reise nach Neapel begriffen, als er auf einmal zu Genzano am Fieber erkrankte und sich wieder nach Rom zurückbringen lassen mußte.) Kaum dieser Erde lieblichstes Schattengrün, Ariccia's alte Sikulerburg, und kaum Der Cythia Hain, und ihres Spiegels Duftiges Seeblau und Eichendunkel, O Freund, erreicht' ich, und des Tyrrhenermeers Glanzreiche Pracht, und brennend im Abendgold Lanuvium's Berg und meines Latium's Trümmerbesä'te Campagna schaut' ich, Und der Erinn'rung freudige Wehmuth rief Mir schon lustselige Tage zurück, da mir Im Golf Parthenope's, in Capri's Felsiger Heimath und holder Wildniß Die goldne Fluth, die lebenverjüngende, Aus ros'gem Becher Hebe zu schlürfen gab, Und sieh' zum kaum verlass'nen Thore Führet den Trauernden schon der finst're, Von keinem Lied' besänftigte Gott zurück. O Rom! was ist's, das heute so viel des Gifts Durch deine Lüfte streut, und tödtlich Hügel und Ufer und Thal entathmet? Ist es der Vorwelt drückender Moderhauch, Des großen Kirchhofs, den ich durchwandere, In dessen Denkstein, Grab und Inschrift Einsame Wand'rer und ernste Denker Die Weltgeschichte lasen; vielleicht das Blut Das hier geströmt Jahrtausende durch, und tief Befleckt die Erde, welch ein Tiber Faßt' es in seines Gestades Gränze? Nicht weiß ich's, Freund, doch sei dir bekannt: Zwar pflegt Mich treue Sorgfalt: Amor, mein steter Freund, Wenn längst auch mit gesenktem Flügel, Ist er doch immer noch mein Begleiter, Und kürzt der Stunden Kummer und Ungeduld, In Traum und Schlaf einwiegend das Herz, wenn nicht Mit Diotimas Lehre, doch mit Raffael's Freuden und Benvenuto's. Wohl rühm' ich deß mich! Aber in Rom dünkt mir, Als ob im Grab ich schlummr', und im Zaubergolf Neapels Psyche bald zur reinen Schönheit Elysiums auferstünde.