Fra Giovanni da Fiesole 1 1. Dir ist die Kunst ein Gebet, worin du die liebende Seele Immer nach Gottes Thron, immer zum Himmel erhebst. Als ein getreuer Knecht dem Herrn und dem Reiche des Sohnes Weihtest du Pinsel und Herz, weihtest du Leben und Tod. 2. Heiliges maltest du nur, denn wie du Gott dich gewidmet, Mußt' auch die Kunst ihm sofort heilige Priesterin sein. Nicht die Muse begeisterte dich; es stiegen die Engel Weihend und segnend zu dir, während du maltest, herab. 3. Fromme glückliche Demuth und seelenvolles Vertrauen, Glauben und Liebe hat durch Leben und Kunst dich geführt. Könnte der Genius nicht in kühnerm Schwung sich dem Himmel Stolzer nahen, so daß eins mit dem Ein'gen er ist, Wärst du der christlichste Maler, und so erhebet die Demuth Nicht zum Begeistertsten, doch Frömmsten, Gemüthlichsten dich. Fußnoten 1 Dieser Maler frommer Seele und Liebe hieß eigentlich Guido und empfing den Namen Fra Giovanni Angelico, als er noch in der Jugend der Welt entsagte. Er wurde von Cosmus Medizis geschätzt, und malte vieles für ihn in St. Marco in Florenz. Papst Nicola V. berief ihn nach Rom, und trug ihm das Erzbischofthum von Florenz an. Der edle treffliche Bruder aber schlug es für sich aus, indem er sagte, daß er sich nicht im Stande fühle, die Menschen zu regieren, und daß einer seiner Mitbrüder Antonino geschickter dazu wäre. Der Papst gewährte ihm seine edelmüthige Bitte und machte Antonino zum Erzbischof. Adrian VI. canonisirte ihn. Er schlug Macht und Reichthum aus, blieb arm, und ist ein Muster von religiösem Leben und ungeheuchelter Frömmigkeit. Vasari nennt ihn un padre veramente angelico, poiche spese tutto il tempo della sua vita in servigio di Dio, a benefizio del mondo e del prossimo. Diese ausschließlich religiöse Richtung alles seines Wesens spricht sich unsäglich rührend und ehrwürdig in seinen Gemälden aus, welche niemand ohne innige Herzensfreude betrachten wird, und welche einer gewissen Klasse von Künstlern der Gegenstand höchster Anbetung geworden sind.