Der Abendstern Alle Freud' und Trauer, o du holdselig Wesen, so voll züchtigen Lichts und süßer Keuscher Klarheit, wohnet in dir, im sanften Sterne der Liebe. Schön warst du, wenn einsam der Dichter oftmals Seines Baches Erlen entlang im Thale, Ach mit düstrem Sinnen und namenloser Sehnsucht gewandelt. Schön warst du, als endlich dies Herz gestillt war, Als ein Auge, schwarz wie des Himmels lautre Tiefe Nacht, aufblickte mit mir zum lieben Sterne der Liebe! Schön warst du, als träumend mit großen Menschen Großen Freunden, schwärmend in Vorgefühlen Künft'gen Ruhms, das Auge voll Gluth in deinem Strahle sich kühlte. Schön warst du, als endlich mein Schicksal nahte. Als ich mehr verlor, denn ein Mensch gewinnen Kann, kehrt' oft wehmüthig zurück im stillen Sterne die Liebe. Doch am schönsten dünkst du mir wohl vor Allem Wenn ich oft im Schmerz und der Trauer meiner Einsamkeit, in Schutt und in Säulentempeln Heimathlich wandle, Und zumal dein freundliches Licht des schwarzen Colosseums Schauern, wie eine Seele Ihrem Grab am Tag des Gerichts, entstrahlt, o Stern du der Liebe.