35. An den Genius 1788. Aufschwung edles Gesangs winkest du freundlich mir Oftmals, oder mit Zorn, stürmischer Genius. Doch in Thränen des Unmuts Blickt mein Auge zur Wolkenbahn; Denn mich bindet der Staub! Ob an der Fessel zwar Ich, unkundig des Frons, schüttele; bald erschlafft Noch glanzloser der Fittich, Der zum Himmel empor sich schwang. Ach! das feurige Roß, einst in Olympias Rennbahn nicht ungelobt, und in der Reiterschlacht, Nun zum Joche gebändigt, Last zu schleppen, und Feld zu baun, Wenn's auf magerer Au', rastend einmal vom Dienst, Hört Trompetengetön, streckt es den Hals und horcht Wiehernd, senket das Haupt dann Mit vorwallender Mähn' herab. Gieb, Mäcenas, ein Amt deinem Virgilius, Deinem Flaccus ein Amt, Gönner der Wissenschaft: Daß sie Mantuas Anwachs Kunstreich ziehn, und Venusias, Gleich der emsigen Lohnspinnerin kaum die Not Wegarbeitend; und dann fodere freudigen Wettgesang mit Homeros, Wettgesang mit den Lesbiern: Der, nach ernstem Geschäft, dir, in melodischem Tonfall, lieblichen Schlaf riesele, der vielleicht Nutzbar werde der Nachwelt Zum dolmetschenden Unterricht! Des wird ewiger Ruhm, Gönner der Wissenschaft, Dir im Buche der Zeit! ja die Verherrlichung Weckt Nacheiferer künftig, Die mit hellerem Sinn verstehn: Nicht ohn' alles Verdienst sei der Kastalia Weisheitsquelle, gelehrt, Mühlen zu drehn, die Brot, Brot uns schaffen und Brennöl, Und was menschliches Wohl erheischt.