Viertes Buch Die Liebe Da auf rauschendem Gefieder Zephyr uns den Frühling bringt: So erwacht die Freude wieder; Alles lacht und scherzt und singt. Tanzt, o tanzet, junge Schönen! Meiner sanften Leyer nach, Welche nie mit leichtern Tönen Unter meinen Händen sprach. Alles fühlet nun die Triebe, Die kein Herze stets verschwur: Alles ladet euch zur Liebe, Jugend, Frühling und Natur. Wie bekannt wird euerm Ohre Nun die Stimme schlauer Lust! Und wie sträubt im regen Flohre Sich die halbumflohrte Brust! Sollt ihr eine Wollust meiden, Die den Weisen selbst bethört, Und mit Bildern trunkner Freuden Auch der Frommen Andacht stört? Dürft ihr die Natur verdammen? Ihr aufrührisch widerstehn? Uns mit Liebe zu entflammen, Schönen! wurdet ihr so schön. Liebet, weil ihr lieben sollet! Fliehet Platons Unterricht! Wenn ihr niemals küssen wollet, O so liebet lieber nicht. Weg mit Liebe, die nur denket, Und, voll Schul-Gelehrsamkeit, Stets im kalten Ernst versenket, Auch Begierden sich verbeut! Als in jenen dunkeln Jahren Amor ganz platonisch hieß, Und ihm von bestäubten Haaren Keine Rose düftend blies: Flog er fern vom stillen Scherze, Bis zum Sirius hinauf, Und besorgte seine Kerze Schlechter, als der Sterne Lauf. Ihn vom Himmel abzubringen, Da ihn Erd und Menschheit rief; Kürztet ihr die stolzen Schwingen, Holde Nymphen! da er schlief. Da der Himmel ihm entgangen, Flattert nun der Gott der Lust Um die rosenvollen Wangen Und um jede Liljen-Brust. Aber wie an Frühlings-Morgen Einer jungen Rose Pracht, Würdig Zephyrs liebster Sorgen, Würdig aller Wünsche, lacht; Die bis Titans niedrer Wagen Sich im Abend-Meer verliert, Welket und in künftgen Tagen Keine Blicke mehr verführt: So verblühn mit kurzem Prangen Auch die Bluhmen unsrer Lust, Diese Rosen frischer Wangen, Diese Liljen einer Brust. Amor, fliehend, folgt der Jugend; Und es fesselt nur Verstand, In dem Schoose sanfter Tugend, Ihn durch ein beglücktes Band.