Badetag Wie munter ist das in Berlin! Der Hauswirt, schwer gepeinigt, läßt freitags warmes Wasser ziehn, und jeder wird gereinigt. Es baden sich zu gleicher Zeit wohl hunderttausend Beine, die Bürgerschaft, die Obrigkeit und selbst Herrn Heine seine. Fern Andra wäscht sich. Ebert auch. Er spült sich heiter seinen Bauch und denkt: Es kann nichts schaden – du könntst mal wieder baden . . . Und nun sitzt er in der Wanne und nun wäscht er sich und bürstet nicht zu knapp. Und planscht und manscht und seift sich ein und schwemmt sich wieder ab! Frau Durieux plätschert. Rauscher braust (viel Strahlen – wenig Wasser). Kahl fürchtet, daß sein Bart zerzaust – er ist ein Badehasser. Die Orska wird im Bad rasiert. Bei Veidtens filmt es einer. Nur Mäxchen Pallenberg markiert – es sieht ja schließlich keiner! Auch Noske spricht zum Adjutanten: »Verpatzen Sie derweil das Land!« Und denkt: Es kann nichts schaden – du könntst mal wieder baden . . . Und nun sitzt er in der Wanne und nun wäscht er sich und bürstet nicht zu knapp. Und planscht und manscht und seift sich ein – doch die Flecke gehn nicht ab! Es baden Fuhr- und Bassermann, frottiert wird zart Frau Porten. Ein Fischer trieft als nasser Mann – sie baden aller Orten. Gar manche sehr bekannte Frau montiert sich ab die Locken. Auch Klöpfer nimmts nicht so genau – er sitzt nicht gerne trocken. Selbst Ludendorff steigt tapfer rein; weil er das kann, seift er sich ein. Und ganz Berlin denkt: Schaden kanns nichts, wir wolln mal baden . . . Und sie sitzen in der Wanne und sie waschen sich und nehmen Bad an Bad. Die Sintflut tät es schließlich auch! Gott segne diese Stadt –! · Kaspar Hauser Die Weltbühne, 20.11.1919, Nr. 48, S. 634.