3. Sowohl in Kassuben, als auch in manchen anderen Gegenden Pommerns ist die halb christliche, halb heidnische Sitte, daß die Wöchnerin, wenn sie ihren Kirchgang hält, während des Gesanges ihr Kind auf den Arm nehmen und damit, von allen ihren verheiratheten und unverheiratheten Bekanntinnen gefolgt, rund um den Altar gehen muß. Dann kniet sie vor demselben nieder, und wird nun von dem Pfarrer, während er dem Kinde die Hände auflegt, feierlich eingesegnet. Stirbt die Wöchnerin im Kindbette, bevor sie ihren Kirchgang hat halten können, so wird ihre Leiche, gefolgt von dem ganzen Trauerzuge, zuvor rings um die Kirche getragen, wie sie beim Leben um den Altar hätte gehen müssen, und dann erst zum Grabe gebracht. Bei dem Kirchgange muß die Wöchnerin selbst ein Opfer auf den Altar legen; bei diesem Leichenzuge aber steckt Jemand aus dem Gefolge statt des Opfers heimlich ein Stück Geld in eine Mauerspalte der Kirche, damit die Seele der Frau Ruhe habe. Pomm. Provinzial-Blätter, III. S. 475.