Das Reh! Romanze Ein Jäger ritt zum Buchenwald, Die Morgensonne schien, Ihm über'm Haupte wölbten sich Die Blätter goldig-grün. Und als er kam mit freud'gem Mut An den heimlich stillen See, Da sprang aus dunkelgrüner Flut Ein wunderschlankes Reh! Der Ritter warf den Speer von sich: »Wer täte Dir ein Weh?! Wohl aber fangen möcht' ich Dich, Du dunkeläugig Reh!« Durchs Dickicht brach sein Roß mit Macht, Voran das schöne Tier, Er ritt bis an der Waldesnacht Verborgenstes Revier. Im Eichenringe war ein Plan, Tiefgrün, wie ein Smaragd, Die Zügel zog der Ritter an Von freud'gem Schreck gepackt. Verschwunden war das scheue Reh, Wohl über Stein und Stock, Und vor ihm stand die Waldesfee Mit flutendem Gelock. In tiefen Augen zitterte Ein Meer von Lust und Weh, Die lange Wimper schattete, Wie Zweige über'm See. Sie schwebte leicht und zauberisch, Wie Wind auf Wellen tanzt; »Ich bin das Reh, nun schieße frisch, Und triff mich, wenn Du kannst!« Es ist ein altes Märchenlied, Das hat gar düst'ren Schluß: Daß, wer dem Reh ins Auge sieht, Verzaubert sterben muß. Der Ritter lag so totenbleich Und ist nie mehr erwacht, – Ich aber rate: Nehmet Euch Vor jedem Reh in Acht!