23. Romanze 1774. In der Väter Halle ruhte Ritter Rudolfs Heldenarm! Rudolf, den die Schlacht erfreute, Rudolf, welchen Frankreich scheute, Und der Sarazenen Schwarm. Er, der letzte seines Stammes, Weinte seiner Söhne Fall; Zwischen moosbewachs'nen Mauren Tönte seiner Klage Trauren In der Zellen Wiederhall. Agnes mit den goldnen Locken War des Greises Trost und Stab. Sanft wie Tauben, weiß wie Schwäne, Küßte sie des Vaters Thräne Von den grauen Wimpern ab. Ach! sie weinte selbst im stillen, Wenn der Mond ins Fenster schien; Albrecht mit der offnen Stirne Brannte für die edle Dirne, Und die Dirne liebte ihn. Aber Horst, der hundert Krieger Unterhielt im eignen Sold, Rühmte seines Stammes Ahnen, Prangte mit erfochtnen Fahnen, Und der Vater war ihm hold Einst beim freien Mahle küßte Albrecht ihre weiche Hand; Ihre sanften Augen strebten Ihn zu strafen, ach! da bebten Thränen auf das Busenband. Horst entbrannte, blickte seitwärts Auf sein schweres Mordgewehr; Auf des Ritters Wange glühten Zorn und Liebe, Funken sprühten Aus den Augen wild umher. Drohend warf er seinen Handschuh In der Agnes keuschen Schoß: Albrecht, nimm! Zu dieser Stunde Harr' ich dein im Mühlengrunde! Kaum gesagt, schon flog sein Roß. Albrecht nahm das Fehdezeichen Ruhig, und bestieg sein Roß; Freute sich des Mädchens Zähre, Die der Lieb' und ihm zur Ehre Aus dem blauen Auge floß. Rötlich schimmerte die Rüstung In der Abendsonne Strahl; Von den Hufen ihrer Pferde Tönte weit umher die Erde, Und die Hirsche flohn ins Thal. Auf des Söllers Gitter lehnte Die betäubte Agnes sich, Sah die blanken Speere blinken, Sah den edlen Albrecht sinken – Sank wie Albrecht, und erblich. Bang' von leiser Ahndung spornte Horst sein schaumbedecktes Pferd; Höret nun des Hauses Jammer, Eilet in der Schönen Kammer, Starrt und stürzt sich in sein Schwert. Rudolf nahm die kalte Tochter In den väterlichen Arm; Hielt sie so zween lange Tage, Thränenlos und ohne Klage, Und verschied im stummen Harm.