An meinen Freund Willebrand zu Hamburg An dem Tage, da die Morgenröthe Mir zum erstenmal die Wange küßte, Barg mein guter Genius sich weinend, Flehte: »Laß sie schlummern, Gott! im Grabe.« Und es sank herab auf Rosenäther Von des Himmels Erstgebohrnen Einer, Trocknete die Thränen meines Engels, Und befahl ihm dann mit leisen Tönen: »Nimm die Harfe mit den goldnen Saiten, Gieb sie hin zur Trösterin der Armen, Daß sie ihre Klagen in die Töne, Die des Herzens Angstgefühl entströmen, Mit zerrißnem Herzen leise hauche, Und dann führe ihr die holde Freundschaft Auf dem Felsenpfade ihres Lebens Ueber Dorngewinden sanft entgegen; Trocknen soll sie all' die blut'gen Thränen Lindern soll sie all' die tausend Schmerzen, Die zu tragen ihr von ew'ger Vorsicht Weisheitsvoll und gütig sind gewogen! Laß sie weinen auf die goldne Harfe; Trösten wird sie dann die heil'ge Freundschaft!« Sieh, da schwebte meinem trauten Schutzgeist, Auf des Abendwindes leisem Wehen, In verklärtem Glanz' Dein Bild entgegen; Willebrand ! Dein Bild, das oft so tröstend Balsam der Religion mir reichte, Und die sel'ge Ahnung ew'ger Freuden In dem tiefgebeugten Geiste weckte; Noch am Grabe werd' ich Dir es danken, Daß des Todes Hauch nicht früher wehte.