Fantasieen Meinen Freunden gewidmet. Oft glänzt am jungen Morgen Durch rosiges Gewölke Der Sonne goldnes Feuer, Doch eh' der Abend dämmert, Oft eh' der Mittag glühet, Umziehen schwarze Wolken Des Himmels reinen Azur, Und Regenströme fließen, Und laute Winde heulen, Und schwere Hagel fallen; Zerknickt liegt Halm und Blume, Entblättert hängt die Rose, Zerrissen Tulp' und Lilje; Des Landmanns frohe Hoffnung, Die Fluren, reich an Segen, Schlug mit des Sturmes Flügel Der schwere Hagel nieder; Der Bäume Blüthenzweige Steh'n mit zerrißnem Kranze, Verweht sind nun die Blüthen, Vernichtet ist die Hoffnung, Zu ärnten süße Früchte. – Seht da, geliebte Freunde, Das Bild von meinem Leben! In meinen Blüthentagen Träumt' ich oft frohe Träume; Die Freude nannt' ich Schwester, Die Unschuld war Gespielin; Und Fantasie, die holde, Half mir in frohen Stunden Oft goldne Schlösser bauen; Dann formt' ich idealisch Die lieblichsten Gestalten, Gab ihnen Geist und Leben, Schuf Herzen, jeder Güte Und jeder Tugend fähig. Ich kannte nur die Menschen Von ihrer schönsten Seite, Und traute leicht und willig Dem Mann mit offnen Blicken. In meinen süßen Träumen Schloß ich mit edlen Seelen Den Bund der ew'gen Treue. Ich malte meine Bilder Mit himmlisch-schönen Farben, Des Götterfunkens würdig, Der jeden Menschenbusen Durchglühet und erwärmet, Der diesen mehr, den minder Mit Allgewalt dahinreißt, Die Tugend anzubeten. Ich fühlte in dem Feuer, Das meine Brust durchglühte, Zu jedem Opfer Stärke, Zu jeder Tugend Willen. Jetzt kenn' ich, ach! vollkommner Die Welt und ihre Menschen; Mein Glaube an die Tugend, An Redlichkeit und Treue Liegt da vor meinen Blicken, Wie schauerliche Trümmer Von stolzen Fürsten-Sitzen! O damals hoben hohe Empfindungen den Busen, Wenn ich mit stolzer Freude Mich eine Teutsche nannte: Dann floh' die junge Seele Zurück in jene Zeiten, Wo reine teutsche Sitten Germanien beglückten. Mit tiefer Rührung weilte Ich froh an den Altären, Die unsre Väter weih'ten Den Manen großer Seelen. Dann malte hohe Röthe Die jugendlichen Wangen. Der Vorsatz, das zu werden, Was unsre Mütter waren, Erhob die junge Seele Zu himmlisch reiner Wonne! Jetzt zittert eine Thräne Im trüben ernsten Blicke, Wenn lachend die Fantome Aus jenen goldnen Tagen' Vor meiner Seele schweben. Die Bilder meines Geistes Zerflatterten im Nebel Der jungen Morgenröthe. In meiner Väter Tagen, Da galten nur die Kerne, Und Schalen blieben – Schalen! – O meine edlen Freunde! Da liegen alle Bilder Aus meinen Blüthen-Tagen, Zertrümmert und zerrissen! Die lachenden Gefilde, Die ich als frohes Mädchen Einst zu durchwandeln hoffte, Zerschlugen Sturm und Hagel; Aus meinen Rosenlauben Entwuchsen Dorn und Disteln; Wo ich mit froher Hoffnung Einst Blumenkränze flochte, Da sproßten ach! nur Nesseln. O! hätten sie mir Armen Die Hände nur verwundet! Sie brannten bis zum Herzen, Und brennen unaufhörlich! Verweht sind nun die Blüthen, Die Blüthen meines Geistes! Dies Auge, das mit Wonne In ferne Tage blickte, Weint jetzt betrogner Hoffnung, Getäuschter Freundschaft Thränen! Euch aber, meine Edlen! Die ihr allein noch pranget Auf jenen Morgen-Fluren, Euch weih' ich diese Thränen Der innigsten Empfindung, Des feuervollsten Dankes! Daß ich nicht ganz den Glauben An Menschenwerth und Tugend, An Freundes Treu und Güte, Verlohr aus meinem Herzen, Das dank' ich eurer Tugend ! Daß ich mit diesem Herzen, Mit diesem Hang zu stiller Und schwermuthsvoller Trauer, Noch nicht bin hingesunken In dunkle Orkus-Nächte, Daß ich noch bin, noch athme, Der Frühling mir noch lächelt, Der Freundschaft reine Wonnen Aus Eurem Blick mir stralen, Wenn ich an Euch mich schließe, Und, – spottend der Chimären Von frohen Jugend-Träumen, Von bunten Seifenblasen, – Mit heit'rer Stirne lächle, Das alles, meine Lieben, Verdank' ich Eurer Freundschaft!