Herzog Ulrich vor Neufen Müd vom Schlagen und vom Siegen Zieht der Herzog durch sein Land, Droben sieht er Neufen liegen Auf der dräu'nden Felsenwand. Heißer Strahl der Frühlingssonnen Brennt auf Reiter und auf Roß – »Wäre doch das Nest gewonnen!« Ruft der Landgraf, sein Genoß. Und so reiten sie die Stege Durch den kühlen Wald hinauf; Lauscht kein Hinterhalt im Wege? Regnen keine Kugeln drauf? Nein, es ist kein Feind zu spüren, Alle Zinnen stehen leer, Auf bequemen Brücken führen Durch den Burgwall sie das Heer. Aus dem Schlosse tönt entgegen Ihnen nicht Geschützes Knall, Sondern Priesters Wort und Segen, Und ein heller Orgelschall. Und von mehr als Einer Schüssel Süßer Dampf herüber weht, Und der Burgvogt mit dem Schlüssel Vor dem offnen Thore steht. »Ritter Berthold, du Verwegner, Sprich, was macht denn dich so zahm? Du mein Feind und ew'ger Gegner, Bist du worden blind und lahm? Aber deine Blicke glänzen, Wie kein blindes Auge glüht! Und dein Haus schickt sich zu Tänzen, Wie kein Lahmer drum sich müht!« »Herr!« erwiedert ihm der Ritter, Warf sich vor des Herzogs Fuß: »Seid nicht Eurem Knechte bitter, Nennt auch feig nicht seinen Gruß. Mir ist heut ein Sohn geboren, Meines Hauses erster Stern; Wird mir der, hab' ich geschworen, – Will ich huld'gen meinem Herrn. In der Kirche, den zu taufen, Stehet mir der Burgpfaff schon. Seid Ihr nicht zu müd vom Raufen, Werdet Pathen meinem Sohn! Nicht vergessen solche Gnade Wird der Vater und das Kind, Die zu Neufens steilem Pfade Hundert Jahr lang Wächter sind!« Ei, gelegen kommt den Fürsten Solche Ladung nach dem Kampf, Die nach kühlem Weine dürsten, Schielen nach der Schüsseln Dampf. Und der Herzog reicht dem Degen Freundlich die Versöhnungshand, Schenkt dem Knaben seinen Segen, Und ein schön Stück Ackerland.