2. Zu Brügg' um Thor und Mauer Da schweigt der Tag wie die stille Nacht, Da hat so finstre Trauer Der lange, blutige Krieg gebracht. Viel Ritter sind gesunken In der Berge Schlucht, in den kalten Schnee, Viel Rosse haben getrunken Von der kühlen Flut im tiefsten See. Es ritt durch Tag und Nächte Der Herzog auf seiner ersten Flucht, Dann hub er die wunde Rechte Und prüft' auf's neue des Schwertes Wucht. Und ist auf's neue gezogen Hinaus, zu rächen des Heeres Schmach, Und kommt kein Bote geflogen? Und sagt das Volk nicht die Kunde nach? Und kehrt sich nicht die Trauer In Siegesruf und Freudengelag? Der Wächter von der Mauer Er spähet hinaus den langen Tag. Da pocht zur Abendstunde Zuletzt an's Thor ein kranker Knecht; Es schleicht sein Fuß, von der Wunde, Von der Flucht in's ferne Land geschwächt. Die Lumpen so ihn decken, Verkünden Jammer und eitel Not, Die Glieder lähmt der Schrecken, Im Antlitz wohnt der blasse Tod. »O Bote, voll des Leides!« Der Wächter von der Zinne schalt, »Das Heer vergaß des Eides, Fluch über deine Jammergestalt!« »Mein Amt war nicht zu schlagen,« Sprach drauf der Mann mit Herzeleid, »Doch kann ich zeugen und sagen, Sie liegen Alle, getreu dem Eid.« »So sprich, die vierzig Tausend Sie mähte alle der wilde Sturm?« »Ja nieder warf er sie brausend, Vor des Schweizers Speer und vor Nancy's Thurm.« »Weh mir! so mußt' erbleichen Der Purpurrock des kühnsten Herrn?« »Der hängt als Siegeszeichen Schon lang im hohen Münster zu Bern.« »Den Herzog – hat ihn gerettet Sein rabenschwarzes schnelles Pferd?« – »Das liegt im Eise gebettet, Das stolze Haupt zur Tiefe gekehrt.« »Wo ward der Herr gefunden? O Knecht, so sprich! hast du kein Ohr?« »Mich schmerzen meine Wunden, Mach auf, mach auf, du Wächter, das Thor!«