Dämmerungsphantasie An Cäcilie. Vergebens senkt mein Geist in der Wissenschaft Verborgnes Reich sich, forschet der alten Zeit Verhüllten Quellen nach und träumt im Thörichten Stolz von dem Kranz des Nachruhms: Dein süßes Bildniß spottet den heil'gen Ernst Von meiner Stirn fort: ach, wenn die Huldgöttin Sich lächelnd naht, so kränzt die Weisheit Fröhlich mit Myrten die Silberlocken. Nicht länger duld' ich dann das verhaßte Joch: Mit freiern Schwingen über das frost'ge Land Des Wissens schwebt mein Geist, und staunend Fühl' ich ein Herz mir im Busen schlagen. Der Ehre Blendwerk, welches in früh'rer Zeit Mich einst umspielte, jeglichen eitlen Wahn Vom Lob der Mitwelt, von des Enkels Staunendem Schweigen verscheucht mir siegreich Dein zartes Lächeln, welches der Blüthe gleich, Die halb verhüllt vom Saume der Knospe noch Sich schüchtern zeigt, der geist'gen Freude Leiseres Wehen in dir verkündet. Ich folg', ich folge, reizendes Bild, wohin Dein Wink mich leitet; über das weiche Grün Der Wies' und durch den Duft der Haine Folg' ich mit ewiger, süßer Sehnsucht! Mit leisem Flüstern säuselt in stiller Luft Der Tanz der Dämmrung; freundlich erwachen rings Im Kelch der Blüthen, wo beim Rieseln Hüpfender Wellen sie sanft geschlummert, Die Traumgebilde; sieh, zu dem Rosensaum Des fliehnden Tages schwingen sie leicht sich auf, Und in der Sonne letztes Lächeln Tauchen sie leise die linden Flügel. Bethaute Kränze dann um die heiße Stirn Der wachen Sorge winden die Freundlichen, Und Sehnsucht um den Mund der Liebe Hauchen sie, Lust auf des Kindes Wange. O, schweb' empor am Rande der dunklen Welt, Und gleich dem Dämmern ferner Erinnerung, Die sinnend uns aus Lust und Wehmuth Gaukelnde Zaubergebild' entfaltet, Gieß ihn herab vom schweigenden Pfad, o Mond, Den geist'gen Schimmer, daß die verklärte Flur Zum sel'gen Traum der schönern Zukunft Werd' und die irdische Form verhülle. Hier laß uns ruhn, am Silber des flücht'gen Quells; Gleich deiner Seele giebt er, vom luft'gen Strahl Des keuschen Lichts umwallt, mein Bild mir Reiner zurück und der Liebe würd'ger. O senk ihn nieder, Heilige, senk' auf mich Den Blick, worin der ewige, leise Schmerz Des zartern Busens friedlich lächelt; Schmerz ist die einzige Lust der Sehnsucht. – So wallt des schönern Lebens erblüh'nder Lenz Einst beim Erwachen um den verklärten Geist, Wie jetzt bei deinem Blick der Glanz der Reineren Liebe mein Herz umleuchtet. O, möcht' ich sterben! möcht' ich im Traum der Lust Von hinnen scheiden! Nimmer erträgt das Wehn Des kalten Nords die zarte Blüthe, Welche der wärmere Hauch gepflegt hat.