Kanzone Den 28sten Jul. 1816. Liebeslieder, holde Träume, Blüthen meiner süßen Mühe, Die ich heimlich auferziehe Aus dem tiefverborgnen Keime, Könnt' ich doch in blaue Lüfte Und in Morgenroth euch tauchen, Und des Frühlings reinste Düfte In den zarten Kelch euch hauchen, Daß für euer buntes Glänzen Und für eures Athems Süße Meine Lieb' euch würdig hieße, Die Geliebte zu bekränzen, Und sie dann vor allen Frauen Durch des Freundes holde Gaben Hocherhaben Ging' und göttlich anzuschauen! Vögelein mit leichten Schwingen, Die ich sende zu der Schönen, Meine Freuden, meine Thränen Und mein Sehnen ihr zu singen, Möchtet ihr so lieblich flöten Wie die holden Nachtigallen, Wenn sich alle Knospen röthen Von des Lenzes lauem Wallen, Um mit süßen Liederweisen Ewig, ewig nur die Eine, Die ich minne, die ich meine, Zu ergötzen und zu preisen; Daß sich weit das Tönen schwänge, Und im fernesten Gefilde Ihrer Milde, Ihrer Schöne Ruhm erklänge! Denn sie hat mein ganzes Streben Nur an ihren Wink gebunden, Und mein Leben ist entschwunden, Um in ihr allein zu leben. Alles möcht' ich gern ihr schenken, Und doch kann ich Nichts ihr bieten, Denn mein Träumen und mein Denken Sind nur ihres Reizes Blüthen; Und wie reich mein treues Lieben Und ihr Lächeln auch mich machten, Immer muß ich arm mich achten Und im Herzen mich betrüben, Daß ich für die blüh'nden Kronen, Die durch sie mich hold umranken, Ihr zu danken Nur vermag, doch nicht zu lohnen. Alle Seufzer, alle Klagen, Alles Träumen, Hoffen, Wähnen, Alles glüh'nde Flehn und Sehnen, Alles heilig stille Zagen, Alles, was in sel'gen Wonnen, Was in thränenreichen Schmerzen Lieb' empfunden und begonnen, Regt sich wechselnd mir im Herzen, Alles streb' ich zu ergießen; Aber Flammen müßt' ich mischen, Schwüle Gluth durch Thau erfrischen Und durch Honig Gift versüßen, Wollt' ich treu in hellen Bildern Meine Liebe, meiner Leiden, Meiner Freuden Ewige Verwandlung schildern. O ihr unerforschten Quellen, Die mit wallenden Gefühlen Flüchtig meine Brust umspielen, Nie versiegen, immer schwellen, O wie lacht in euren Spiegeln, Angethan mit Himmelsgolde Und mit lichten Engelflügeln, Meine Reine, meine Holde! Aber taucht in sel'gem Sinnen Meine Seel' in euch hernieder, Fliehn die Wellen hin und wieder, Farben und Gestalt zerrinnen, Und noch holder in der Ferne Seh' ich dann ihr blüh'ndes Leben Tiefer schweben, Gleich des Himmels fernstem Sterne. Worte, was ist euer Tönen, Wenn ihr nicht mit Geisterschwingen Könnt in's innre Leben dringen, Lösen nicht das Band des Schönen? Warum wollt ihr, leichte Träume, Zu dem Heil'gen mich entführen, Wenn ihr nur die letzten Säume Seines Schleyers könnt berühren? Warum strebst du ewig glühend, Sehnsucht, nach dem sel'gen Ziele, Das dich täuscht mit luft'gem Spiele, Immer nahend, immer fliehend? Herz, was frommt es, zu empfinden, Kannst du nie das rege Walten Der Gestalten, Die du selber schufst, ergründen? Nun so magst du, Lied der Minne, Wie ein bleicher Schatten schweben, Der nur träumt vom hellen Leben, Fern von seinem heil'gen Sinne; Kannst du bis zu ihr gelangen, Wirst du leicht von ihrer Schöne Alle Töne, Die ich dir gewünscht, empfangen.