An meinen Sohn am Ludwigstage Ludwig, du Sohn meines Herzens! Als dein Tag röthlich heraufstieg, Und die Stäbe meines Gitters küßte, Da weint' ich gen Himmel: o Vater, Ueber alles, was Kinder heißt Im Himmel und auf Erden! Auch ich bin Vater, Hab' einen blühenden Sohn! Hab' eine blühende Tochter! Ach, ein armer Vater bin ich! Denn ferne thatest du mich von meinen Lieben! Du winktest mit eisernem Arme Mir ins Gefängnis; ich folgte, Ohne mit der Zähre des Abschieds Zu netzen die Wange der Kinder! Zu netzen die bleichere Wange Der Mutter meiner Kinder! Ach, nun sind schon viele, viel Jammermonde Am rostzerfreßnen Gitter meines Kerkers Mit schwerem, nächtlichem Fluge vorübergeflogen, Und noch streck' ich die Vaterarme Vergeblich aus nach dem Sohn meines Herzens, Vergeblich nach der Tochter meines Herzens. Im Kleide des Waisenknaben Steht mein Sohn vor mir, im Schleier Des verwaisten Mädchens meine Tochter – Zwei Bilder aus Duft gewebt, Die sich bewegen im Hauche meiner Seufzer, Und zerfließen vor dem ausgebreiteten Arme! Ach, ich muß sein, wie einer, Der seiner Kinder beraubt ist. Ich werde mit Herzleid fahren Hinunter in die Grube, Eh' ich seh' Ludwig, meinen Sohn! Juliana, meine Tochter! Vergieb mir's, o du aller Väterlichkeit, Aller Mütterlichkeit Urquell, Wenn ich in der Nacht meines Kerkergewölbes Einsam steh' und weine! Auch du bist Vater, Und ließest fallen eine Zähre, Daß die Sonne erlosch, Als dein Sohn Jesus Herunterhing am blutigen Kreuze! Ach, drum vergieb mir, du Bilder Des Vaterherzens – o du! Der den Silberquell der Mutterbrust Strömen hieß! Vergieb mir, Wenn ich in der Nacht meines Kerkergewölbes Einsam steh' und weine! Ach, laß mich dir danken mit Thränen, Daß du mir einen Sohn gabst, Daß du ihn beträuftest Mit des wiedergebärenden Bades Heiligem Wasser; daß du ihn schütztest, Als der nahe Tod giftige Blattern Wie Ruß auf seinen Körper streute; Ihm halfest, wenn der Wurm Sein Eingeweid' zerwühlte; Ihn mit luftigem Flügel kühltest, Als das Fieber ihn verzehren wollte In sengender Flamme; Ihn zogest aus der verschlingenden Donau, Als er schon zuckte in ihrem schwarzen Rachen; Ach! daß du ihm gabst einen Vater, Als deine erbarmende Zucht mich entriß Dem Strudel der Welt, und mich verbarg In des Kerkers büßende Kluft.