Das Weltgericht Blinder Geist, entreiße heut Deinem Blick die Decke, Daß Gericht und Ewigkeit Dich einmal erwecke. Schau mit ernstem Angesicht Am Entscheidungstage Himmel, Hölle und Gericht, Richter, Schwert und Wage. Sieh, – Verstockte wollen nur Dieses Bild nicht sehen – Auf den Trümmern der Natur Deine Brüder stehen. Welch ein unzählbares Heer Wimmelt in der Ferne! Viel, wie Tropfen in dem Meer, Häufiger, als Sterne. Wie er schon von ferne schreckt, Der entflammte Richter! Schrecken und Verzweiflung deckt Tausend Angesichter. Seht den großen Menschensohn Seinem Donner winken, Und die Sünder schlägt Er schon Hin zu seiner Linken. Sein erzürntes Auge blitzt, Und er spricht im Grimme: (Sieben Donner reden itzt Ihre Todesstimme!) Sünder, weicht! ich kenn' euch nicht! Flieht vor diesem Stuhle, Vor des Himmels Angesicht! Heult im Schwefelpfuhle! Wilde Stimmen heben sich Aus verruchten Hälsen: Berge, fallet über mich! Decket mich, ihr Felsen! Doch die Berge hören nicht: Denn sie sind zerstöret, Wenn der Sünder am Gericht Ihren Trost begehret. Nur die Tugend zittert nicht, Wenn der Richter tödtet: Denn sie schauet ein Gesicht, Wo die Gnade redet. Muthig forscht des Frommen Blick In des Richters Mienen; Und er findet nur sein Glück, Nicht Gericht in ihnen. Sanft, wie Gottes Harfenton, Wallt die Stimme nieder: Kommt, ererbet euren Lohn, Kommt, ihr meine Brüder. Und sie steigen auf zum Licht, Leicht, wie Adler steigen, Fallen auf ihr Angesicht, Danken Gott und schweigen. Richter, ach! an jenem Tag Wirst du mich verdammen? Schlägt der Rache Donnerschlag Mich in Höllenflammen? Gingst du denn nicht ins Gericht? Bist du nicht gestorben? Hast du mir den Himmel nicht Durch dein Blut erworben? Heut, Erlöser! stehet mir Noch der Himmel offen; Heute kann ich noch von dir Die Vergebung hoffen. Ach! so heilige mein Herz, Salbe diese Seele, Daß Verzweiflung, Reue, Schmerz Sie nicht ewig quäle.