725. Konrads von Würzburg Tod. Von August Schnezler. – S. v. d. Hagen Minnesinger IV. 724. H. Schreiber Taschenbuch für Gesch. und Alterthum in Südteutschland. 1846. S. 415. Koberstein Grundriß §. 95, A. 3. In die stille Klosterzelle Blinkt der Abendsonne Licht Auf die schlichte Lagerstelle, Auf ein todtenbleich Gesicht; Zu dem Bruder Dom'nikaner, Der schon Jahre lang hier wohnt, Trat der strenge letzte Mahner, Welcher keines Alters schont. Um den Sterbenden kniet leise Seiner Ordensbrüder Zahl, Aber aus dem braunen Kreise Glänzt auch mancher Ritterstrahl; Freiburgs edler Herren viele, Wackre Bürger noch dabei, Meister in dem Saitenspiele, Schließen auch sich an die Reih'. Alle kamen sie zu lauschen Konrads letztem Athemzug, Konrads, der so hoch einst rauschen Ließ des Liedes Adlerflug; Würzburgs ruhmbekränztem Sohne Bringen sie den Scheidegruß, Der ihn zu des Höchsten Throne Liebend noch begleiten muß. Doch der Lebensmüde richtet Noch einmal das Haupt empor, Seine Blicke, neugelichtet, Brechen durch des Todes Flor, Und er winket, aufzuschließen Seiner Zelle Fensterlein, Daß ihn voller noch umfließen Mag der Sonne letzter Schein. Draus im Blau, im wolkenlosen, Sieht man hehr vom Dome blühn Seiner Pyramide Rosen In der Purpurstrahlen Glühn; Und die eh'rnen Zungen regen Sich nun auch zu dem Choral, Der den frommen Abendsegen Betet über Berg und Thal. Dürstend hangen Konrads Augen Am verklärten Münsterbild, Klänge scheint sein Ohr zu saugen Aus der Engel Luftgefild; Seine letzten Kräfte sammeln Nochmal sich zum neuen Schwung, Leisen Munds, doch ohne Stammeln, Spricht er mit Begeisterung: »Brüder, Freunde aus der Runde! Seid voll Dankes mir gegrüßt, Daß ihr mir die bittre Stunde Noch durch euren Trost versüßt! Euerer Gebete Schwingen Lassen aus dem Erdenband Leichter meinen Geist sich ringen Nach dem ew'gen Vaterland. Von hienieden scheid' ich gerne: Diese kampfestrübe Zeit Hüllt des Sängers schönste Sterne Tiefer stets in Dunkelheit; Alle Zügel läßt erschlaffen Sie der blinden Leidenschaft, Nur in Schmach noch übt die Waffen Fürstenstand und Ritterschaft. Keines Ruhmes Ziele locken Die verirrte Jugend mehr, Zucht und Sitte flieht erschrocken Vor der Lüste wildem Heer; Rohe Lieder nur noch schallen, Wüster Spaß und Becherklang, Wo sonst in den Ritterhallen Tönte keuscher Minnesang. Wo nur noch die Faust sich Recht schafft, Da erlahmt des Harfners Hand; Wo nur Tyrannei und Knechtschaft Er noch sieht im Vaterland, Wo er nirgends mehr noch Pflege Hoffen darf für seine Kunst, Sucht er auf dem Himmelswege Rettung aus der Erde Dunst. Darum hatt' ich hier in's Kloster Mich geflüchtet aus der Welt, In den Port, wo sturmdurchtoster Seelenhimmel sich erhellt; All mein irdisch Minnen streifte Ab ich vor dem Friedensthor, Denn in meinem Busen reifte Heiß mein höchstes Lied empor. Und ich schuf die goldne Schmiede, Drin mein Herz mit vollster Gluth Zu Maria's Ruhmesliede Hat verschmolzen all sein Gut: Was nur Köstliches mein Seelen- Schacht umschloß an Erz und Stein, Gold und Silber und Juwelen Schmiedet' ich ins Lied hinein. Nehmt die Pergamentesrollen Dort hervor aus jenem Schrank; So nur, Brüder, Freunde! zollen Kann ich euch noch meinen Dank Für die Liebe, die dem greisen Mönche stets bewahrt ihr habt: Wenn an dieses Liedes Weisen Ihr nach meinem Tod euch labt. Was so kühn ich jetzt gesprochen, Nehmt es hin als Schwanenlied! Mein Geräth ist morsch gebrochen, Selbst zusammen bricht der Schmied. Von den andern Sängern neide Ich nur einen einz'gen, dich, Walther von der Vogelweide! Du warst glücklicher als ich. Denn dein Grab ist Würzburgs Erde, Meiner theuern Vaterstadt, Und auf seinem Futterherde Ißt sich manches Vöglein satt. Sei's, auch in der Fremde Grunde Schläft der Sänger sanft und kühl, Lebt er fort im Freundesmunde Und in seines Volks Gefühl. Aber Euch, ihr jüngern Meister In dem edlen Sangesspiel! Mögen reine, gute Geister Leiten zu dem hehrsten Ziel! Strebt zum Lenz des höhern Lebens Aus dem Wintersturm der Zeit; Baut auf Gott! – und nicht vergebens Ringt Ihr nach Unsterblichkeit!« – Konrads Worte still verklingen Mit der Glocken letztem Zug, Mit des letzten Strahles Schwingen Nimmt sein Geist den Himmelsflug. Auf den Schatz der goldnen Schmiede Drücken alle heiß den Mund: »Friede seiner Asche, Friede!« Tönt aus jedem Herzensgrund.