162. Die Goldkapelle am Epprechtstein. Von Hermann Zapf . – K. Zapf, Wanderungen S. 58 u. J. Ch. Holtzmann in B. Görwitz Sagenschatz S. 123. Es ging ein Weib in den tiefen Wald Nach Beeren im Gebüsch und Felsenspalt, Sie hatt' auf dem Arme ein schönes Kind, Das koste sie oft, sie beide der Wind. – O Mutter, wie fliehet dein Glück geschwind! Und wie sie pflücket, da glänzt heraus Im Dickicht ein offenes Gotteshaus, Und viele Goldhaufen und Edelstein' Locken sie schimmernd zu sich hinein. – O traue, folge nicht falschem Schein! Da stürzte hinein das thörichte Weib Und that ihr Kleinod von ihrem Leib, Und raffte mit Schätzen die Schürze voll, Und lief durch den Wald nach Haus wie toll – Wo hast du dein Kindlein, so schönheitsvoll? Und freudetrunken wirft sie zu Haus Gold und Demanten zu Haufen heraus, Und labt die Augen an dieser Pracht, Schön, wie Sterngefunkel zu Nacht. – Der schönste Demant dir wohl nimmer lacht! Da dämmerts in ihrem Herzen alsbald, Sie rast zurück in den düstern Wald, Da war zu finden kein Gotteshaus, Da lachte kein lallendes Kind heraus – Tröste dich bei deinem Golde zu Haus! Seit schallet im Walde ihr Jammerton: Gebt mir meines Lebens Lust und Kron', Was kann mir ersetzen mein Kind in der Welt Da mir sind meine Tage vergällt? Und spottend antwortet der Wald ihr: Geld! Am Johannistage öffnete sich die geheime Thüre dieser Kirche. Als nun der nächste Johannistag kam, erzählt Holtzmann weiter, da eilte die arme Mutter abermals der Goldkapelle zu; sie überschreitet die Schwelle und ein Freudenschrei entfährt ihrer Brust: ihr Knäblein, lebend und wohlgenährt, lacht ihr vom Altar der Kirche, auf welchen sie es vor einem Jahre gesetzt hatte, entgegen. Hastig ergreift sie die theure Last und eilt hinaus, ohne weiter nach Gold zu fragen.