654. Der Sekendorfe Herkunft. Von Schöppner. – Var. d. vor. S. Wie tönt das Hifthorn helle Im Forst am rothen Main, Wie klafft das Jagdgebelle Der Meute durch den Hain. Es jagt mit Speer und Pfeile Der Kaiser durch den Hag, Er fliegt mit Sturmeseile Dem Edelhirsche nach. So gehts in raschem Jagen Bis in den tiefsten Hain, Urplötzlich fand mit Zagen Der Kaiser sich allein. Und horch! ein Brüllen schallte Entsetzlich an sein Ohr: Da stürzet aus dem Walde Ein Auerochs hervor. Wie funkeln seine Blicke, Wie schnaubt das Nüsternpaar, Der Kaiser nimmt der Tücke Des Thiers erschrocken wahr. Kaum greift er zum Geschosse So stürzt es auf ihn los, Da ward dem edlen Rosse Der Tod auf Einen Stoß. Der Kaiser ruft mit Beben: »O Gott und Vater mein! Laß deines Knechtes Leben Dir anbefohlen sein!« Da springt mit blanker Wehre Ein Jägersmann herfür Und trifft mit seinem Speere Das ungefüge Thier. Laut scholl durch Berg und Thale Des Urs Gebrülle nach Als er von gutem Stahle Durchbohrt im Blute lag. »Wer ist der treue Degen, Der solche Stöße führt? Der Kaiser ruft's von wegen Des Danks, so dem gebührt.« Ein Jäger jung an Jahren, Herr Walter ist sein Nam', Den Kaiser zu bewahren Von Gott gesendet kam. Da griff nach seinem Schwerte Herr Heinrich alsobald, Zum Ritter ward der werthe Geschlagen in dem Wald. Der Kaiser brach vom Aste Der Linde einen Zweig, Des Waldes Zierde paßte Als Ritterkette gleich. Und würdiglich zu danken Dem Ritter treu und werth: Als Lehen ward in Franken Ihm Seckendorf bescheert. Dort saß er und ergraute An Glück und Ehren reich, In seinem Wappen schaute Man stets den Lindenzweig.