143. Das Quackenschloß. Von G. Neumann. – Felsenmasse im Wiesentthale. Der Name » Quackenschloß « mag sich im Munde des Landvolks nach dem Bestandtheil der Felsen: Rauchwacke, gebildet haben. Es träuft der letzte Schnee in leichten Wassertropfen Vom grünen Tannenzweig, die lust'gen Vögel klopfen Die Schnäbel in den Stamm und fliegen auf und ab; Der Blumen Knospe schwillt, und junge Kräuter sprießen An grünen Bächen, die im Thale plätschernd schießen, Dem Lenz zu Dank, der Freiheit gab. Durch Thal und Berg seht ihr den muntern Jäger schweben, Vergessend selbst das Wild im frischen Frühlingsleben, Da rennt vor ihm ein Hirsch in scheuem Sprung vorbei, Ihm nach! – Thalwärts, bergauf eilt er, die flücht'gen Spuren – Verfolgend durch's Geheg, durch Wald und Feld und Fluren – Bald ist von Hirsch und Weg er frei. Wohin trug ihn so schnell das übereilte Jagen? Hoch stemmt sich mancher Berg, deß Gipfel Wälder tragen, Die Felsenklippe steht so kalt und fremd ihn an. Von allen Klüften nur der eig'nen Worte Schallen, Auf stein'gem Boden nur des bangen Fußtritts Wallen, Kein Himmelsstern scheint seiner Bahn! Nur irre Lichter sieht er auf- und nieder tanzen, Und hohe Felsen rings wie aufgeworf'ne Schanzen Mit knappem Grase steh'n, das ihre Stirne deckt. Ist das der Zauberberg, in dem so unermeßlich Gehäuft die Schätze sind? – Noch war ihm unvergeßlich Die Sage, die sein Träumen weckt. Und wie er sinnt und wählt, sieht er des Berges Spalten Von Lichterglanz umwebt hell blinken, und Gestalten So zahlreich, schwarz und klein, flieh'n hüpfend draus hervor, Sie grüßen nickend ihn, sie winken und sie flüstern Zu ihm, der näher tritt und nach den Schätzen lüstern Schon muthig steht am engen Thor. Durch einen Bogengang von weißem Alabaster Begleitet ihn die Schaar, im weitern Gehen faßt er Sich Muth, daß ihm sein Werk gelingt. Indeß das Gnomenvolk auf feinen luft'gen Sohlen Buntscheckig ihn umtanzt in lust'gen Capriolen Und durch den Gang voraus ihm springt. Welch' bunter Zauberglanz, welch' farbenreiche Helle! Mit zagem Herzen hält er an der innern Schwelle, Komm! – ruft es ihm, indem er staunend sich besinnt. Sein Fuß tritt Mosaik vom Grüne der Smaragden, Von Jaspis und Opal, und was aus tiefen Schachten Noch sonst der Gnomen Fleiß gewann. Die Decke strahlet von Beryllen und Saphiren, In deren blauem Spiel Topase sich verlieren; Von hohen Wänden blitzt der feurige Rubin. Die Säulen sind Kristall, und ihre Kapitäle Von lilla Amethyst, – so geh'n die Zaubersäle In funkelnd weiter Ferne hin. Da naht ihm von dem Thron, den tragen gold'ne Greife, Die Feenkönigin, umringt von einem Reife Der schönsten Elfen, die zu ihrem Dienste steh'n, Wie der Juwel im Gold des Ringes schön sich malet, Und aus der Sterne Kreis die holde Venus strahlet, So hier die herrlichste der Feen. Von ihrer Stirne blitzt des Diamants Agraffe, Aus ihrem Augenpaar der Liebesflamme Waffe, Und durch der Lippen Roth der Zähne Elfenbein. Sie lächelt hold und spricht mit wundersüßen Lauten, Die ihrer Liebe Gluth dem Staunenden vertrauten Und tief in's Herz ihm dringen ein. Er wird von diesem Schau'n, von diesen Worten trunken, Es flammen lockend süß des Zauberreiches Funken Um ihn, ihr Auge winkt, es reizt ihr Blüthenmund. Verschwieg'ne Bitte spricht nun kühn vom Sang der Elfen, Es klingt ein schallend Lied, die Gnomen alle helfen, Und ihn umschlingt des Tanzes Rund. Und des Gesanges Macht, der Liebe gold'ne Töne, Die reiche Herrlichkeit, der Königin Jugendschöne Weckt aller Wünsche Drang im ahnenden Gemüth. Die heiße Gluth brennt ihm durch Adern und durch Nerven, – Darf er ein solches Herz, ein solches Glück verwerfen, Wie's keinem Sterblichen geblüht? Weh' ihm! – es lockt ihr Bild in des Kristalles Spiegel So tausendfach ihn an, ihr Brautkuß ist das Siegel Das ihn in Fesseln schlägt; sein Busen schwillt vor Stolz. Er schwelgt im höchsten Glück, im seligsten Entzücken, Er schwört's: es soll mich nichts zur Heimath mehr entrücken, Zur alten Hütte schlecht von Holz! – Doch bald ist er am Gold- und Edelsteine-Schimmer, Am reichsten Glanze satt, er reizt und lockt ihn nimmer Manch unerfüllter Wunsch tritt bitter in sein Glück. Mit längst gewohnter Pracht will neue Sehnsucht streiten, Er mißt in banger Furcht langweil'ge Ewigkeiten, Und nie, o nie darf er zurück! Des Taumelkelches Schaum ist raschen Zugs verflogen, Um wahre Seligkeit sein Herz so kalt betrogen, Nun düstert sich sein Blick selbst auf dem gold'nen Thron, Vom vollen Marmortisch, von der Geliebten Seite, Von ihrer Elfen Tanz zieht Schwermuth ihn in's Weite; Doch nie, o nie darf er davon! »O laß mich noch einmal die Sonne an dem blauen, Am nächt'gen Himmelszelt die gold'nen Sternlein schauen, Bei lust'gem Hörnerklang im Wald mich jagen früh; Und dann im Abendroth umarmen die Geliebte, Die mit so heiterm Wort mir jeden Schmerz zerstiebte, – Sie liebt ich – Königin, dich nie!« Ein lauter Todesschrei entringt sich der Getäuschten; Indeß die Gnomen all' ihn täppisch roh umkreisten, Die Elfen jammernd steh'n, rafft er sich wild empor. Rasch rennet er hinaus, ihn graust der bunte Zauber Wie Macht der Hölle an, er löst den Bann, denn tauber Als harter Fels ist nun sein Ohr. Da schallt ein Donnerschlag dumpf durch der Erde Gründe, Es kracht im jähen Sturz der Berg, in seine Schlünde Sinkt tief des Schlosses Pracht mit seinem Strahlenmeer. Ihn jagt die Angst zur Flucht, es packt ihn kalt im Nacken, Doch endlich sieht er um – da ragen graue Wacken, An ihrer Fläche kahl und leer. Ist dieß der Wände Glanz, sind dieß die stolzen Säulen, Wo jetzt in finst'rer Nacht ein schauerliches Heulen In engen Spalten tobt und durch die Höhlung braust? Es wuchert Farrenkraut am Fels bei braunem Ginster, Und des Gewölbes Schlund gähnt schauerlich und finster, Wo Lieb' und Zauber einst gehaust. Der Gnomen Haß verfolgt die Menschen und sie locken In ihre Nähe sie mit hellen Feuerflocken, Scharf lauert ihre List auf den, der fürbaß zieht. Denn in der Zaubernäh' trifft ihn bald Regenschauer, Bald ein geworf'ner Stein aus sichrer Felsenmauer, Daß der Erschreckte ängstlich flieht.