311. Rietburg. Von Fr. Otte. – Rietburg (Rippurg) südw. von Edenkoben. – Chron. Hirs. ad an. 1255. Eos 1819, Nr. 55. Frey Beschr. des Rheinkreises I., 279. Aus der alten Worms am Rheine Reitet Hollands Königin, An des treuen Dieners Seite Nach dem Schlosse Trifels hin. Frühling ist's, der Himmel glänzet Sonnenhell und dunkelbau, Muntre Vogellieder klingen Und mit Blüthen prangt die Au. Selig ist die junge Fürstin Aufgewacht zu neuer Lust; Gold'ne Frühlingsträume tauchen Wonnig auf in ihrer Brust. Lässig, ihrer Hand entsunken Hängt herab des Rößlein's Zaum, Und ihr Auge haftet trunken An der blauen Berge Saum. »Seid gegrüßt, ihr lieben Berge, Von dem Morgenstrahl erhellt. Sei gegrüßt, du wunderbare, Lenzgeschmückte Zauberwelt! Seid gegrüßt, ihr hellen Schlößlein, An des Hügels grünem Rand, Dessen Fuß die dunkle Föhre Und der Eichenwald umspannt. Weg, ihr düstern Haidebilder, Hollands Meeresstrand und Dün'! Schöner lebt's sich hier am Rheine, In der Pfalz so frisch und grün.« Ruft die Fürstin und von ferne Winket ihr der Trifels schon; Nein so selig war sie nimmer Auf dem stolzen Königsthron. Sieh, da lugt die Rietburg nieder, Dumpf und düster wie ein Grab! Weh, von ihrer dunklen Warte Späht der grimme Feind herab. Niederrasselt Kett' und Brücke, Aufgesprungen ist das Thor, Aus des Schlosses finst'rem Raume Stürmt ein Söldnerhaufe vor. Hohn auf ihren blassen Lippen Blankes Schwert in brauner Faust! An der Spitze ragt Graf Hermann Der im Schlosse droben haus't. Wilden Muthes stürzen Alle Auf die Königin sich dar, Reißen ihr die gold'ne Krone Aus dem braunen Lockenhaar. Einer faßt das Roß am Zügel, Zerrt den Teppich ihm von Leib Und ein andrer aus dem Bügel Reißt das edle Königsweib. Mag sie jammern, mag sie flehen, Eisern ist des Grafen Brust! Weh, schon liegt sie in dem Thurme, Leichenblaß, sich unbewußt. – Jubel nun und wilde Freude In des Schlosses düstrem Bann, Denn ein Weib ist ihre Beute, Das das Schwert nicht führen kann. Wilde Knechte, blasse Zecher Feiern froh das Siegesmahl, Und Graf Hermann schwingt den Becher, Trunken hebt er sich im Saal: »Plagt dich, König, Langeweile? Hol' dein Weib, noch ist es Zeit, Darfst mir grollen, doch vor Allem Sei das Lösegeld bereit!« Finster ist die Nacht und stille, Droben hoch kein Sternlein wacht: Horch, da wird es plötzlich rege Und zum Tag erbleicht die Nacht. Schwerter, Helme, Hellebarden Tauchen aus dem Dunkel auf, Und von hüben und von drüben Zieht heran manch rüst'ger Hauf. 'S sind die wackern deutschen Männer Dort aus Worms der alten Stadt, Heute gilt's dem schlimmen Grafen, Der das Recht verletzet hat. Seht die Fackeln sind geschwungen Roth und blutig ist der Rhein! Und die grausen Flammenzungen Lecken schon am alten Stein. Thurm und Giebel rollen nieder Nieder sinkt das stolze Schloß, Und in Ketten vor den Siegern Liegt Graf Hermann und sein Roß. Aus des tiefsten Thurmes Grunde Steigt die Königin herfür, Starr, mit rothgeweinten Augen Und beraubt der Krone Zier. Aber trunken sinkt sie nieder An der Retter treue Brust, Und ihr Herz schlägt freudig wieder, Und ihr Blick strahlt neue Lust: »Dank euch, dank euch, wack're Männer, Die ihr Schutz dem Fremdling beut, Wenn der Feind im Hinterhalte Mit dem Schwerte ihn bedräut. Ew'ger Segen eurem Lande, Euren Feldern, euren Au'n; Ew'ger Segen euren Hütten, Euren Kindern, euren Frau'n. Nimmer soll uns Zwiespalt scheiden! Und der Rheinstrom sei das Band, Das euch unzertrennlich eine, Deutsches Land und Niederland!«