1215. Die Hirschjagd von Dachau. Von Wolfgang Müller. Bei Dachau standen im Bayerland Die Franzen und die Schweden, Sie verheerten es rings mit Mord und Brand In rothen, blutigen Fehden. Herr Wrangel sprach: »Den Krieg hab ich satt, Den ich dreißig Jahr jetzt kenne; Wie wär's, wir jagten an grüner Statt, Herr Feldmarschall Turenne?« Turenne sprach: »Statt im Quartier Auf fauler Haut zu liegen, Da möcht ich auch lieber das Forstrevier In lustiger Jagd durchfliegen.« Doch meint Herr Douglas, der General: »In Feindes Land, ihr Degen, Da hält man lieber Fuß beim Mal, Als wie des Waidwerks zu pflegen.« Doch Wrangel ruft: »Bedenklichkeit, Die schlagt euch aus den Sinnen! Ich wähle den Ort, ich wähle die Zeit, Vorsichtig ist mein Beginnen.« Und zwischen München und Dachau lag Ein Geheg mit stattlichen Hirschen, Da ritten sie hin am andern Tag Zu streifen und zu pirschen. Es war ein Wald hochstämmig und weit, Umschlossen von tiefem Sumpfe, Dort wollten sie tief in der Einsamkeit, Sich sammeln Jägertriumphe. Herr Wrangel hatte den Platz umstellt Mit Reitern und Lanzenknechten, Vorposten lauerten weit im Feld, Die im Nothfall Kunde brächten. Und also ging es los im Forst, Waldhörner klangen munter, Und wo ein Rudel den Busch durchborst, Da knallten sie lustig drunter. So kamen sie recht in die Hitze hinein In fröhlichem Blasen und Schaffen. Da schien es plötzlich, als ging durch den Hain Der sausende Lärm der Waffen. Die Jagdlust schwieg, sie horchten leis, Es sammelte sich der Haufen, Und athemlos kam in ihren Kreis Ein blutender Mann gelaufen. Er rief: »O Himmel! der Teufel ist los! Johann von Werth ist gekommen, Er hat uns geschlagen, die Noth ist groß, Die Flucht kann hier nur frommen.« So war es. Der wilde General Erschlich der Jagdlust Kunden, Und hatte mit seinen Schwadronen zumal Gar heimlich den Weg gefunden. Und unter den Feinden stand er bald Wie aus der Erde gesprossen, Es fährt ein Blitzstrahl durch den Wald, Die Gegner sind jäh umschlossen. Das war ein Gewirre, das war ein Gewühl, Rings scholl es von rasselnden Streichen, Da wurde manch heißes Leben kühl, Rings lag der Wald voll Leichen. Und immer näher scholl es dem Ort, Wo die feindlichen Führer standen: »O Gott! wer hilft uns hier nun fort? Wer rettet aus Tod und Schanden?« Da hinten die Gegner, da vorn der Morast, Schon brausen heran die Reiter, Es befeuert sie ohne Ruh und Rast Hans Werth, der kühne Leiter. Verfluchte Jagd, verfluchter Platz! Doch seht, ihr könnt euch befreien: Den Sumpf durchstürmt in kühnem Satz Ein Hirsch mit erhobnen Geweihen. Hei, wo das Thier die Fluth durchsetzt, Da kommt man auch durch mit Rossen! Wie ward da durch das Schilf gehetzt! Wie ward das Moor durchschossen. Hoch spritzte auf der schwarze Koth, Sie schwammen in Dreck an die Ohren, Und als sie entflohen der großen Noth, Da sahen sie aus wie die Mohren. Graf Wrangel ließ den Degen im Stich, Den Hut verlor Turenne. Herr Douglas sprach: »Gott strafe mich, Wenn ich nochmals auf Hirsche brenne.« So kamen die Herrn durch ein Wunder davon, Sie wußten von Glück zu sagen, Doch mancher Franzen- und Schwedensohn Lag tief im Wald erschlagen. Gefangen waren viel edle Herrn, Jagdzeug und Fahnen und Beute. Hans Werth sprach: »Ei, das hätt ich gern, Ging's alle Tage wie heute!« So that der tapfre Johann von Werth, Der beste deutsche Reiter, Der einst als Stallbub den Mist gekehrt, Er war jetzt Schlachtenleiter.