346. Sickingens Würfel. Von L. Mooris. – Frey Beschr. IV., 172. Auf Landstuhl saß der tapfre Ritter Und sinnend schaut er in das Thal; Es dufteten die Fichtenwälder Umglänzt vom Abendsonnenstrahl. Er schien wohl Manches zu erwägen, Die Blicke waren finster schier, Denn morgen sollt der Kampf beginnen Gen seinen harten Feind von Trier. Und als er lange stumm gesessen, Ging er zum hohen Würfeltisch, Da faßt' er den gewalt'gen Becher Und schüttelte die Würfel frisch. »Will sehen, was sie Gutes deuten, Und wie Fortuna spricht, das Weib;« Und polternd flog in leichten Händen Der riesenhafte Zeitvertreib. Der Tisch war eine Felsenplatte, Die an der Veste sich erhob, Die Würfel waren Quadersteine, Zum Spielen wohl ein wenig grob. Er spielte wie mit kleinen Nüssen, Und warf sie kreuz und warf sie quer, Und zählte die gefallnen Punkte Von allen Seiten hin und her. »Kein Glück!« sprach er in finsterm Tone, »Nun, einmal noch sei es versucht! Doch wenn die gleichen Augen fallen – So sey das wüste Spiel verflucht.« Und wieder schüttelt er die Steine Mit furchtbar rasselndem Gemisch, Und warf! – es drohte zu zersprengen Der eisenstarke Würfeltisch. Und wieder fand er sich verloren! – »Wohlan denn nun zum letzten Mal! Was eins und zwei mir schnöd verkündet, Bestät'ge drei, die heil'ge Zahl.« Er warf die Steine durcheinander, Sie fielen kreuz, sie fielen quer, Er zählte die gefall'nen Punkte Von allen Seiten hin und her – Doch wieder fand er sich verloren! – Da, von des Trotzes Wuth entflammt, Schmeißt er mit starker Hand die Würfel Den Berg hinunter insgesammt. Noch sieht sie aufgestellt der Wandrer Jenseits der Straß' in Thales Grund; Ob sie dem Ritter wahr gesprochen, Zeugt trauernd der Geschichte Mund.